Leitsatz

Das OLG Schleswig hat sich in dieser Entscheidung damit auseinandergesetzt, wie im Versorgungsausgleichsverfahren (nach alter Rechtslage) zu verfahren ist, wenn nicht aufklärbare ausländische Anrechte von einem Ehegatten während der Ehezeit erworben worden sind.

 

Sachverhalt

Während der Ehezeit hatte der Antragsteller gesetzliche Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 727,03 EUR, die Antragsgegnerin i.H.v. monatlich 335,21 EUR erworben. Darüber hinaus hatte die Antragsgegnerin während der Ehezeit Rentenanwartschaften in Frankreich erworben, deren Höhe auch in der Beschwerdeinstanz trotz vielfältiger Bemühungen insoweit nicht aufgeklärt werden konnte.

Die zuständige französische Rentenversicherung sowie die französische Zusatzversicherung erteilten der Antragsgegnerin keine Auskunft. Auch dem gerichtlich beauftragten Sachverständigen, dem Gericht und der DRV Bund wurden von der französischen Rentenversicherung Auskünfte nicht erteilt.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Anwartschaften der Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung gegenübergestellt und auf dieser Grundlage das Rentensplitting durchgeführt.

Hiergegen wehrte sich die DRV Bund mit der Beschwerde und rügte, dass die von der Antragsgegnerin erworbenen Anwartschaften in der französischen Rentenversicherung übersehen und deshalb nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen worden seien.

Das OLG hat auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten den Ausspruch zum Versorgungsausgleich aufgehoben und angeordnet, dass der Versorgungsausgleich zurzeit nicht stattfinde.

 

Entscheidung

Das OLG, das noch nach bis zum 31.08.2009 geltendem Recht über den Versorgungsausgleich zu entscheiden hatte, ordnete an, dass der Versorgungsausgleich zurzeit nicht stattfinde.

Eine Sachentscheidung ohne Einbeziehung der ausländischen Anrechte komme nur dann in Betracht, wenn die ausländischen Anrechte auch bei Anwendung strenger Maßstäbe aller Voraussicht nach realisierbar und deshalb wertlos seien (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 1999, 1203; OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 677, 678). Nur in einem solchen Fall könnten sie dann bei der Saldierung unberücksichtigt bleiben.

Im vorliegenden Fall könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die von der Antragsgegnerin in Frankreich erworbenen Anrechte wertlos seien. Dafür fehlten jegliche tatsächliche Anhaltspunkte.

Das OLG wies dann auf die unterschiedlichen Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur zu der Frage hin, wie bei einer fehlenden Möglichkeit einer konkreten Ausgleichsentscheidung zu verfahren ist. Er schloss sich sodann der überwiegend vertretenen Auffassung Ansicht an, dass in solchen Fällen die Möglichkeit einer Sachentscheidung zum öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nicht bestehe (vgl. OLG Köln FamRZ 1986, 689, 690; OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 677, 678).

Rechtsfolge sei, dass der Versorgungsausgleich derzeit nicht stattfinde.

Für die Verweisung in den schuldrechtlichen Ausgleich oder für eine Abtrennung bzw. Aussetzung des Verfahrens fehle es dagegen an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich sei in § 1587f BGB a.F. und § 2 VAHRG a.F. abschließend geregelt, eine entsprechende Anwendung auf weitere Fälle sei wegen des grundsätzlichen Vorrangs des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs abzulehnen.

Eine Aussetzung gemäß § 53c Abs. 1 FGG a.F. komme insbesondere dann in Betracht, wenn in absehbarer Zeit eine Klärung der Rentenanwartschaften zu erwarten sei. Hierfür gebe es keinerlei Anhaltspunkte.

Abschließend wies das OLG darauf hin, dass die Parteien nach den §§ 225, 226 FamFG eine Abänderung der getroffenen Entscheidung und damit eine Durchführung des Versorgungsausgleichs nach dem ab dem 1.9.2009 geltenden Recht beantragen könnten. Etwaige ausländische Versorgungsanwartschaften seien dann gemäß §§ 20 ff. VersAusglG im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auszugleichen.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 04.08.2010, 10 UF 153/09

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