Leitsatz

  1. Keine haftungsrelevante Vertragsverletzung des Verwalters durch Nichteinberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung, wenn es um eine unbedeutende und nicht eilbedürftige Entscheidung geht (hier: Neuabschluss einer Schwammschadenversicherung nach Änderungskündigung)
  2. Insoweit ist es ausreichend und sachgerecht, wenn der Verwalter den Beirat beteiligt und zur Mitwirkung veranlasst
 

Normenkette

§§ 23, 29 Abs. 2 WEG; § 280 BGB

 

Kommentar

  1. Im Streit ging es um eine Schadensersatzverpflichtung des Verwalters in Zusammenhang mit einer Reduzierung des Deckungsbetrags der Schwammschadenversicherung nach Änderungskündigung und Angebot der Versicherung zu geänderten Konditionen sowie Begrenzung der Versicherungssumme. Im Verwaltervertrag war der Verwalter zu Versicherungsabschlüssen ermächtigt; die ordentliche Jahresversammlung hatte bereits stattgefunden. Einzelne Beiratsmitglieder und auch das gesamte Beiratsorgan äußerten sich nicht verbindlich vor Versicherungsneuabschluss des Verwalters. Im Altbau kam es nachfolgend zu erheblichem Schwammschaden, der von der Versicherung nur teilweise abgedeckt wurde. Aus diesem Grund klagte die Gemeinschaft auf Feststellung der Ersatzverpflichtung für die über die Deckung hinaus angefallenen Sanierungskosten.

    Amtsgericht und Landgericht wiesen die Klage mangels schuldhafter Pflichtverletzung des Verwalters ab.

  2. Vorliegend sei es nicht ermessensfehlerhaft gewesen, wenn sich der Verwalter in dieser Situation nach Änderungskündigung der Versicherung allein an den Beirat gewandt habe, statt zu dieser Frage eine außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen. Ohne erfolgte Unterstützung des Beirats durfte hier der Verwalter sein im Vertrag eingeräumtes Ermessen frei ausüben, selbst wenn sich durch seinen neuen Vertragsabschluss die bisherige Jahresgebühr mehr als verdoppelt habe. Auch der Beirat habe nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Versammlung einzuberufen oder einberufen zu lassen. Er habe es auch unterlassen, auf diesem Weg für die Kosten einer Gesamtuntersuchung des Gebäudes auf Schwamm einen Beschluss herbeizuführen. Die Beiräte sind i.Ü. der Gemeinschaft als Nebenintervenienten beigetreten.
  3. Aus § 29 Abs. 2 WEG ergibt sich allein eine Mitwirkungs- und Unterstützungspflicht des Beirats; insoweit handelt es sich nicht um eine unzulässige Übertragung von Verwaltungsmaßnahmen. Dass der Verwalter die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung wegen Entscheidung nur in dieser einzigen Frage unterlassen habe, begründet im vorliegenden Fall keine schuldhafte Vertragsverletzung, denn auch in Ansehung der Bedeutung der Angelegenheit einerseits und einer fehlenden besonderen Eilbedürftigkeit andererseits war der vom Verwalter gewählte Weg einer Beteiligung des Beirats ausreichend und sachgerecht. Für die Kosten einer objektiv unnötigen außerordentlichen Eigentümerversammlung hätte der Verwalter ggf. sogar Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft zu besorgen gehabt (vgl. BayObLG, NJW 1995 S. 202).
  4. Überdies wäre ein Schaden vom Verwalter jedenfalls nicht kausal verursacht worden. Die bloße Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts eines Schadens genügt hier für Kausalitätsüberlegungen nicht. Es ist dem Verwalter auch nicht als Pflichtverletzung anzulasten, darauf vertraut zu haben, dass ein Beirat seine Aufgaben und Befugnisse erfüllt, wenn der Verwalter entsprechende Entscheidung des Beirats abgerufen hat. Der Beirat hätte auch nach § 29 Abs. 4 WEG eine Beiratssitzung einberufen können.
  5. Ist die Zustimmung des Beirats für eine bestimmte Maßnahme erforderlich, reicht es nicht aus, dass diese Zustimmung allein vom Vorsitzenden erteilt wird; er kann sich nicht an die Stelle des gesamten Beirats setzen; erforderlich ist vielmehr eine Willensbildung des gesamten Verwaltungsbeirats (BayObLG, NZM 2002 S. 529). Vorliegend fehlte es an einer solchen Willensbildung des Gesamtbeirats.
  6. Für den Verwalter bestand auch keine vorausgehende Untersuchungspflicht auf Schwammbefall durch entsprechenden Gutachtensauftrag. Hierzu hätte nur Veranlassung bestanden, wenn Anhaltspunke für einen akuten Schwammbefall vorhanden gewesen wären.
  7. Vorliegend war auch von rechtswirksamer Haftungsbeschränkung im Verwaltervertrag auszugehen (vgl. hierzu Niedenführ, 9. Aufl., § 27 Rn. 106).
Anmerkung

Diese "verwalterfreundliche" Entscheidung erscheint mir rechtlich nicht unbedenklich und sollte Verwalter nicht zu sehr in Sicherheit wiegen. Auch wenn sich in vielen Verwalterverträgen Vollmachten für Versicherungsabschlüsse und auch Kündigungen befinden, sollten von ihm in Zweifelsfällen notfalls außerordentliche Eigentümerversammlungen einberufen werden, um Entscheidungen der Gesamtgemeinschaft zu überantworten. Auch vorliegend ging es sicher nicht um unbedeutende und nicht eilbedürftige Fragen eines neuen Schwammversicherungs-Vertragsabschlusses mit geänderten Deckungsabsprachen, obendrein in einem Altbau mit als bekannt zu unterstellenden Risiken.

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