Leitsatz

Das Familiengericht hatte im Unterhaltsverfahren eine Beweiserhebung über die Feststellung der biologischen Vaterschaft des Antragsgegners angeordnet. Der Antragsgegner verweigerte seine Mitwirkung hieran. Das Familiengericht hat daraufhin festgestellt, dass die Weigerung unberechtigt sei. Hiergegen wandte sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde.

Im zugrunde liegenden Verfahren begehrte der Antragsteller als rechtlicher Vater in erster Stufe Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragsgegners, um die Höhe eines Anspruchs wegen Kindesunterhalts ab 1994 zu ermitteln. Der Antragsgegner sollte der vermeintlich biologische Vater des Kindes sein.

Die Beschwerde des Antragsgegners hatte Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, der Antragsgegner dürfe die Mitwirkung an der Beweisaufnahme verweigern.

Die Beschwerde sei sowohl zulässig als auch statthaft. Die Entscheidung des Familiengerichts über die Berechtigung der Mitwirkungsverweigerung sei zwar keine Endentscheidung, sondern eine Zwischenentscheidung. Zwischenentscheidungen seien indes isoliert anfechtbar, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimme. Eine solche ausdrückliche Bestimmung finde sich in §§ 372a Abs. 2, 387 ZPO, die nach §§ 112 Nr. 1, 231 Abs. 1, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG anzuwenden seien. Das Familiengericht entscheide danach über die Rechtmäßigkeit der Mitwirkungsverweigerung durch eine Zwischenentscheidung. Dass die Zwischenentscheidung isoliert anfechtbar sei, bestimme § 387 Abs. 3 ZPO.

Das OLG hielt die Beschwerde auch für begründet. Der Antragsgegner mache zu Recht ein Weigerungsrecht geltend, da die Beweisaufnahme über die Feststellung der Vaterschaft nicht erforderlich sei.

Zwar habe das Familiengericht zutreffend angenommen, dass in besonders gelagerten Ausnahmefällen die Rechtsausübungssperre nach § 1600d Abs. 4 BGB durchbrochen werden könne (vgl. BGH FamRZ 2008, 1424; 2009, 32). Dies folge zunächst aus der Norm selbst. Danach gelte die Ausübungssperre nicht, soweit sich aus dem Gesetz etwas anderes ergebe. Der BGH habe derartige Ausnahmen anerkannt für das Sozialversicherungsrecht, zur Regelung dringender, zeitlich begrenzter Unterhaltsansprüche im Wege einstweiliger Verfügungen oder für den Fall des Regresses gegen einen Rechtsanwalt, der die Frist zur Erhebung der Vaterschaftsklage versäumt hatte (vgl. dazu BGH FamRZ 2008, 1424).

Auch im Regressprozess eines Scheinvaters habe der BGH die inzidente Feststellung der Vaterschaft für zulässig gehalten, allerdings nur unter engen Voraussetzungen. Eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre rechtfertige sich in diesen Fällen zum einen aus der Vermeidung schlechthin untragbarer Ergebnisse. Zum anderen sei zu bedenken, dass die Vaterschaftsfeststellung zum Ziel habe, dem nichtehelichen Kind einen für und gegen alle wirkenden Status zu geben und seine Zuordnung zum biologischen Vater im Sinne eines echten Verwandtschaftsverhältnisses herbeizuführen. Die Durchbrechung der Rechtsausübungssperre würde dem nicht zuwiderlaufen, wenn dieses Ziel ohnehin aufgrund besonderer Umstände auf lange Zeit faktisch nicht erreicht werden könne. Dies könne dann der Fall sein, wenn die zur Erhebung einer solchen Klage befugten dies ausdrücklich ablehnten oder von einer solchen Möglichkeit seit längerer keinen Gebrauch gemacht hätten.

Ob die aus den vorgenannten Gesichtspunkten hergeleitete Einschränkung der Rechtsausübungssperre nach dem Wegfall des § 1600e Abs. 1 BGB zum 1.9.2009 keine volle Gültigkeit mehr beanspruchen könne, weil der Gesetzgeber den Kreis der Feststellungsberechtigten damit möglicherweise erweitert habe, müsse hier nicht geklärt werden, da die vom BGH aufgezeigten Gesichtspunkte zur ausnahmsweisen Durchbrechung der Rechtsausübung hier nicht einschlägig seien.

Der Antragsteller befinde sich noch in der "ersten Stufe". Er sei der rechtliche Vater nach § 1592 Nr. 1 BGB. Das Verfahren zur Anfechtung seiner rechtlichen Vaterschaft habe er selbst in der Hand. Die Anfechtungsfrist habe er - wie von ihm selbst eingeräumt - versäumt. Schon aus diesem Grunde führe der Ausschluss der inzidenten Vaterschaftsfeststellung nicht zu einem untragbaren Ergebnis. Es sei kein Anlass ersichtlich, den Antragsteller von den Folgen seiner Fristversäumung zu befreien. Im Ergebnis würde damit ohne nachvollziehbare Gründe die gesetzliche Anfechtungsfrist umgangen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Dresden, Beschluss vom 14.09.2010, 24 UF 647/10

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