Rz. 191

Für die Beantwortung der Frage, ob eine stillschweigend geschlossene Ehegatteninnengesellschaft angenommen werden kann, ist von Bedeutung, in welchem Güterstand die Eheleute gelebt haben. Eine Ehegattengesellschaft ist grundsätzlich in jedem Güterstand möglich. Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so ist jedoch grundsätzlich davon auszugehen, dass der Zugewinnausgleich in aller Regel einen ausreichenden Ausgleich durch die güterrechtliche Beteiligung des mitwirkenden Ehegatten an den Ergebnissen der gemeinsamen Arbeit oder Vermögensbildung bietet.

Es dürfte daher nur schwer zu argumentieren sein, dass die Eheleute in Kenntnis ihres gesetzlichen Güterstandes dennoch einen Willen auf Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gehabt haben. Zunächst stellt daher die Tatsache, dass die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, ein schwerwiegendes Indiz gegen die Annahme einer stillschweigend zustande gekommenen Innengesellschaft dar.[258] Gegen die Annahme spricht auch, dass die stillschweigend geschlossene Innengesellschaft letztlich eine Hilfskonstruktion der Rechtsprechung ist, um unbillige Ergebnisse in außergewöhnlichen Sachverhalten zu verhindern.[259]

 

Rz. 192

Im gesetzlichen Güterstand kann eine Innengesellschaft daher nur in absoluten Ausnahmefällen angenommen werden.

Zuletzt hat der BGH[260] dennoch erneut klargestellt, dass der Ausgleichsanspruch eines Ehegatten aus einer Ehegatteninnengesellschaft auch neben dem Zugewinnausgleichsanspruch bestehen kann:

Zitat

Bei einer Ehegatteninnengesellschaft kommt ein Ausgleichsanspruch eines Ehegatten nicht erst dann in Betracht, wenn der Zugewinnausgleich nicht zu einem angemessenen Ergebnis führt. Ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsanspruch besteht vielmehr neben einem Anspruch auf Zugewinnausgleich.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Beispiel

Die Eheleute heirateten im Jahr 1996. Der Ehemann M, der über kein Vermögen verfügte, sollte aufgrund finanzieller Probleme nach außen hin nur einen Mindestsatz verdienen. Er wurde im Betrieb seiner Ehefrau F als Lagerarbeiter eingestellt. Tatsächlich jedoch führte er bis zum Jahre 1998 die Geschäfte allein. Ab 1998 betrieben M und F das Geschäft gemeinsam weiter. Sie lebten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der Wert des Geschäftsbetriebes sollte zum Stichtag im Jahr 2004 mit 100.000 EUR angesetzt werden. Mit dem Stichtag für das Endvermögen schied M aus dem Betrieb aus. Beide Ehegatten besaßen kein Anfangsvermögen.

Lösung über Zugewinnausgleich:

Zugewinn M: 0 EUR

Zugewinn F: 100.000 EUR

Augleichsanspruch M: 50.000 EUR

Lösung unter Berücksichtigung eines Ausgleichs aus Ehegatteninnengesellschaft

(die Ansprüche sind in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen):

Endvermögen M: 50.000 EUR[261]

Endvermögen F: 50.000 EUR[262]

Kann also doch einmal das Zustandekommen einer Innengesellschaft angenommen werden, so müssen die aus der Auflösung der Gesellschaft resultierenden Ausgleichsansprüche bzw. -verpflichtungen ggf. beim Zugewinnausgleich im Endvermögen berücksichtigt werden.

 

Rz. 193

Hier stellt sich zunächst die Frage nach der Rangfolge der Ausgleichsansprüche. Diese Frage wird nicht einheitlich beantwortet.

Teilweise wurde angenommen, dass der Beteiligungsanspruch aus der Innengesellschaft gegenüber dem Anspruch auf Zugewinnausgleich subsidiär sei, da er nur dann in Betracht komme, wenn der Zugewinnausgleich nicht zu einem angemessenen Ergebnis führe.[263] Der BGH[264] hat jedoch klargestellt, dass hier kein Subsidiaritätsverhältnis besteht.

 

Rz. 194

Zu berücksichtigen ist nämlich in erster Linie, dass der gesellschaftsrechtliche Ausgleichsanspruch des Innengesellschafters bereits mit der Auflösung der Gesellschaft entsteht.[265] Die Gesellschaft wird jedoch regelmäßig durch die Beendigung der Zusammenarbeit bereits mit der Trennung der Eheleute aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt ist der Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichs jedoch noch gar nicht gesetzt. Zum Stichtag müssen daher der Ausgleichsanspruch sowie die Ausgleichsverpflichtung als Rechnungsposten beim Zugewinnausgleich im Endvermögen der Ehegatten als Aktiv- bzw. Passivposten berücksichtigt werden.[266]

Im oben genannten Beispiel schienen die Ergebnisse daher zunächst gleich, denn beide Male hat der M einen Anspruch auf Zahlung von 50.000 EUR gegen die F, im ersteren Fall als Ausgleich des Zugewinns, im zweiteren Fall aufgrund des Ausgleichsanspruchs durch die Auflösung der Gesellschaft.

 

Rz. 194

Die Ergebnisse können aber dann abweichen, wenn die jeweiligen Stichtage anders fallen. Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichs ist die Zustellung des Scheidungsantrages. Stichtag für den Ausgleichsanspruch bei einer Ehegatteninnengesellschaft ist die Auflösung der Gesellschaft. Die Gesellschaft wird aufgelöst, wenn die Ehegatten ihre Zusammenarbeit beenden und der Geschäftsinhaber das Unternehmen allein weiterführt.[267] Dieser Zeitpunkt fällt meist mit der Trennung od...

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