Leitsatz

Gegen einen Steuerberater als Treuhandkommanditisten einer Publikums-KG gerichtete Schadensersatzansprüche von Kapitalanlegern aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen verjähren in 30 Jahren.

 

Sachverhalt

Der Kläger wurde im März 1997 von einem Anlagevermittler für eine Beteiligung an der B-KG über 90000 DM geworben. Grundlage dafür war ein Prospekt dieser Gesellschaft, der einen "erwarteten Profit" von jährlich 10 % bis 50 % aus den von ihr betriebenen Immobiliengeschäften in Aussicht stellte und den Beklagten – unter der Berufsbezeichnung "Steuerbevollmächtigter" – als Treuhandkommanditisten auswies. Er war nach § 13 des Gesellschaftsvertrags einziger Kommanditist der B-KG mit einer Einlage von 5000 DM, sollte jedoch berechtigt und verpflichtet sein, diese durch Abschluss von Treuhandverträgen mit Kapitalanlegern zu erhöhen und das erhöhte Kommanditkapital treuhänderisch für die Treugeber zu erwerben, die "im Übrigen als vollwertige Kommanditisten" bzw. "wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt" werden sollten. Die B-KG wurde in der Folge insolvent. Der Kläger verlangt vom Beklagten, der sich wie in den Vorinstanzen auf Verjährung beruft, Schadensersatz. Der BGH verwies die Sache zurück.

 

Entscheidung

Der Beklagte kann sich nicht auf die – nach damaligem Recht geltende – berufsspezifische Verjährungsfrist von drei Jahren berufen[1]. Er war nach dem Gesellschaftsvertrag einziger Kommanditist der B-KG mit einer Eigenbeteiligung von 5000 DM. Dass er diese Einlage durch den Abschluss von Treuhandverträgen mit künftigen Anlegern "erhöhen" können sollte, ändert daran nichts. In seiner Eigenschaft als Gesellschafter hat der Beklagte bei dem Beitritt von Kapitalanlegern persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Er ist nach den Grundsätzen vorvertraglicher Haftung dann schadensersatzpflichtig, wenn und soweit er seiner Verpflichtung zur Aufklärung seiner künftigen Vertragspartner über Nachteile und Risiken der Kapitalanlage schuldhaft nicht genügt hat[2].

Die Pflichten und die Haftung eines Gesellschafters richten sich unabhängig von seinem Beruf nach den Vorschriften, die für jeden Gesellschafter in gleicher Situation gelten. Für die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen einen Gesellschafter aus vorvertraglicher schuldhafter Pflichtverletzung gegenüber künftigen Mitgesellschaftern gilt nichts anderes. Solche Ersatzansprüche verjährten nach dem anzuwendenden alten Recht[3] erst in 30 Jahren. Seine teilweise anderslautende ältere Rechtsprechung[4] gibt der Senat ausdrücklich auf. Das OLG muss die Sache jetzt auch dem Grunde nach aufklären.

 

Praxishinweis

Nach dem seit dem 1.1.2002 geltenden Recht verjähren Ansprüche auf Ersatz von Vermögensschäden spätestens zehn Jahre nach ihrer Entstehung, also beginnend mit dem Schadenseintritt, bzw. 30 Jahre nach der Pflichtverletzung, also ab dem Zeitpunkt der Vornahme der schadensauslösenden Handlung[5]. Für den Verjährungsbeginn genügt schon das Setzen der Schadensursache; ein konkreter Schaden ist zu diesem Zeitpunkt nicht erforderlich[6].

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 20.3.2006, II ZR 326/04

[1] Vgl. § 68 StBerG a.F.
[3] Vgl. Art. 229§ 6 Abs. 4 EGBGB i.V.m. § 195 BGB a.F.
[4] S. insbesondere BGH-Urteil vom 9.11.1992, II ZR 141/91, NJW 1993, S. 199 für den Fall eines Anwalts als "Gesellschaftertreuhänder"
[6] S. weiter v. Borstel, in: Gehre/von Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl., München 2005, § 67a Rz. 14ff. m.w.N.

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