Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war ein von dem Ehemann verfrüht - vor Ablauf des Trennungsjahres - eingereichter Ehescheidungsantrag, dessen Kostenfolge im Berufungsverfahren sowie die möglichen Folgen der Manipulation der für Folgesachen maßgeblichen Stichtage.

 

Sachverhalt

Der Ehemann hatte den Ehescheidungsantrag am 22. Mai 2008 anhängig gemacht und zur Begründung angeführt, die Parteien lebten seit Mai 2007 zunächst innerhalb der Ehewohnung und sodann - ab Januar 2008 - in verschiedenen Wohnungen voneinander getrennt. Die Ehefrau bestritt das im Ehescheidungsantrag angegebene Trennungsdatum und beantragte Abweisung des Ehescheidungsantrages unter Hinweis darauf, dass tatsächlich eine Trennung erst im Januar 2008 erfolgt sei.

Der Ehemann blieb hinsichtlich des Trennungszeitpunkts beweispflichtig. Sein Ehescheidungsantrag wurde abgewiesen.

Auf die hiergegen von ihm eingelegte Berufung wurde das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das Familiengericht zurückverwiesen.

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Berufung des Ehemannes für begründet, da das Trennungsjahr bei Zugrundelegung der Trennung der Parteien im Januar 2008 während des Berufungsverfahrens abgelaufen war. Die Scheidungsvoraussetzungen seien damit erfüllt.

Trotz Aufhebung und Zurückverweisung habe das OLG über die Kosten des Berufungsrechtszuges zu entscheiden, die der Ehemann als Antragsteller zu tragen habe. Sein Rechtsmittel gegen die Abweisung des Ehescheidungsantrages habe nur deswegen Erfolg, weil im Verlaufe des Berufsrechtszuges das Trennungsjahr abgelaufen sei. Den ihm obliegenden Beweis dafür, dass das Trennungsjahr bereits bei Schluss der letzten erstinstanzlichen Verhandlung abgelaufen gewesen sei, habe er weder bei seiner erstinstanzlichen Parteivernehmung noch im Berufungsrechtszug erbracht.

Im weiteren Verfahren werde das Familiengericht zu berücksichtigen haben, dass bei verfrühten Scheidungsanträgen eine Manipulation der für Folgesachen maßgeblichen Stichtage stattfinde. Infolgedessen sei die in den betreffenden Folgesachen zu prüfen, ob aus Gründen übergeordneter allgemeiner Rechtsgrundsätze eine Modifizierung der gesetzlichen Stichtage in Betracht zu ziehen sei (Zöller/Philippi, a.a.O., § 629b Rz. 6 unter Bezugnahme auf BGH FamRZ 1986, 335 f.).

Eine Ehegatte dürfe sich nach Treu und Glauben nicht auf den für den Versorgungsausgleich maßgebenden Stichtag berufen, wenn zwar formal schon ein Scheidungsverfahren geschwebt, die eheliche Lebensgemeinschaft aber noch längere Zeit bestanden habe. Lediglich hinsichtlich des Stichtages für den Zugewinnausgleich vertrete die höchstrichterliche Rechtsprechung einen restriktiven Standpunkt (BGH, FamRZ 1967, 138 f.).

 

Link zur Entscheidung

OLG Naumburg, Urteil vom 19.03.2009, 8 UF 24/09

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