Leitsatz

Das OLG Celle hat sich in dieser Entscheidung nach Wegfall des sog. Rentnerprivilegs mit der Frage auseinandergesetzt, ob verfassungsrechtliche Bedenken gegen die aufgrund des Versorgungsausgleichs eingetretene Versorgungskürzung des ausgleichspflichtigen Ehegatten bestehen, obgleich der ausgleichsberechtigte Ehegatte noch keine Rente bezieht.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten waren geschiedene Eheleute. Der im Jahre 1956 geborene Beteiligte zu 1) war Berufssoldat und bezog seit April 2009 Ruhegehalt. Seine geschiedene Ehefrau, die Beteiligte zu 2), war im Jahre 1958 geboren und arbeitete als Arzthelferin. Die im Jahre 1978 geschlossene Ehe der Parteien war durch Urteil des AG vom 14.1.2011 geschieden worden. Zugleich wurde der Versorgungsausgleich geregelt.

Die Ehegatten hatten am 17.11.2010 eine notarielle Vereinbarung geschlossen, in der sich der Ehemann u.a. verpflichtet hatte, der Ehefrau zur Abgeltung ihrer Ansprüche auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt eine Abfindung von 31.248,00 EUR in zwei Raten zum 31.12.2010 und zum 15.1.2011 zu leisten. Ferner verpflichtete er sich zur Zahlung zusätzlichen monatlichen Unterhalts i.H.v. 350,00 EUR. Dies geschah zur Abgeltung der Ansprüche auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs wurde im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der DRV Bund ein Anrecht in Höhe von 10,2566 Entgeltpunkten auf ein für den Ehemann einzurichtendes Konto bei der DRV Bund übertragen. Zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der Wehrbereichsverwaltung West wurde ein Anrecht i.H.v. monatlich 977,76 EUR für die Ehefrau übertragen.

Die Kürzung des Anrechts des Ehemannes wurde auf seinen Antrag hin gemäß §§ 35, 36 VersAusglG i.H.v. 278,98 EUR ausgesetzt, da er sich im vorgezogenen Ruhestand befand und er aus dem ihm im Gegenzug übertragenen Anrechts bei der DRV noch keine Rente beziehen konnte.

Nachdem beide Eheleute bereits übereinstimmend beantragt hatten, die Kürzung des Ruhegehalts des Ehemannes aufgrund seiner Unterhaltsverpflichtung noch weitergehend auszusetzen, beantragte die Ehefrau mit Schriftsatz vom 19.07.2011 ausdrücklich, die Kürzung voll umfänglich auszusetzen.

Das erstinstanzliche Gericht setzte daraufhin die Kürzung der Versorgungsbezüge nach §§ 33, 34 VersAusglG i.H.v. 350,00 EUR aus und wies den Antrag im Übrigen als unbegründet zurück.

Dagegen wandte sich der Ehemann mit der Beschwerde und vertrat die Auffassung, die §§ 32 ff. VersAusglG verstießen gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG.

Sein Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, das zu Recht die Kürzung der Versorgungsbezüge des Ehemannes lediglich i.H.v. monatlich 350,00 EUR ab März 2011 ausgesetzt und die weitergehenden Anträge beider Ehegatten zurückgewiesen habe. Die angefochtene Entscheidung weise jedenfalls keinen Fehler zu Lasten des Ehemannes auf.

Gemäß § 33 VersAusglG sei die Aussetzung der Kürzung in zweierlei Hinsicht begrenzt, zum einen durch die Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs und zum zweiten durch die Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte aus denjenigen Anrechten i.S.d. § 32 VersAusglG, aus denen die jeweils ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung beziehe. Das AG sei offenbar davon ausgegangen, dass die Ehefrau einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch i.H.v. monatlich 350,00 EUR habe. Es beständen allerdings erhebliche Zweifel daran, dass der Ehefrau in der hier maßgeblichen Zeit ab März 2011 tatsächlich noch ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch in dieser Höhe zugestanden habe, weil bei Abschluss der notariellen Vereinbarung offensichtlich der noch ausstehende Versorgungsausgleich übersehen worden sei. Die §§ 32 ff. VersAusglG verschlechterten zwar durch die Abschaffung des sog. Rentnerprivilegs und die Beschränkung der Höhe der Aussetzung die Rechtsstellung des ausgleichspflichtigen Ehegatten, der bereits Rente oder Pension beziehe. Dies geschehe jedoch im Rahmen der durch das BVerfG gesetzten Grenzen. Dieses habe in seiner Grundsatzentscheidung vom 28.2.1980 (FamRZ 1980, 326) klargestellt, dass der Versorgungsausgleich zwischen geschiedenen Ehegatten als Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 3 Abs. 2 GG gerechtfertigt sei und gegen seine vermögensrechtlichen Folgen aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Bedenken beständen.

Nach dieser Grundsatzentscheidung sei lediglich die Doppelbelastung durch gleichzeitige Unterhaltszahlung und Kürzung der Rente durch den Versorgungsausgleich zu vermeiden. An diesen Vorgaben habe sich der Gesetzgeber bei der Reform des Versorgungsausgleichsrechts ausdrücklich orientiert, wie sich aus der Gesetzesbegründung ergebe.

Die §§ 32 ff. VersAusglG würden den vom BVerfG gestellten Anforderungen gerecht.

Auch die Abschaffung des sog. Rentnerprivilegs sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Zum Verfahrenswert wies das OLG darauf hin, dass § 50 FamGKG e...

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