Leitsatz

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob Beiträge zur Abfindung von Unterhaltsansprüchen einsatzfähiges Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO darstellen.

 

Sachverhalt

Die Antragsgegnerin im Ehescheidungsverfahren hatte zur Abgeltung ihrer nachehelichen Unterhaltsansprüche als Abfindungsbetrag 75.000,00 EUR von dem Antragsteller erhalten. Sie war 64 Jahre alt, stand kurz vor ihrer Verrentung und erzielte nach Abzug ihrer monatlichen Belastungen ein Einkommen von ca. 1.500,00 EUR. Aus dem Versorgungsausgleich hatte sie keinerlei Ansprüche erworben, dieser hätte vielmehr zu ihren Lasten durchgeführt werden müssen und wurde vom AG wegen grober Unbilligkeit ausgeschlossen. Ein Zugewinnausgleichsanspruch konnte von der Antragsgegnerin nicht durchgesetzt werden, so dass sich die Unterhaltsabfindung als einziger Vermögenswert darstellte.

Das erstinstanzliche Gericht hatte den Einsatz dieses Abfindungsbetrages für die Verfahrenskosten abgelehnt. Die hiergegen vom Bezirksrevisor eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG wies zunächst darauf hin, dass es die Auffassung der Antragsgegnerin nicht teile, wonach die Anordnung der Zahlung von Verfahrenskosten aus dem Vermögen nach Entrichtung von 48 Monatsraten auf die Verfahrenskosten ausscheide. Während § 115 Abs. 2 ZPO sich ausschließlich mit der Zumutbarkeit des Einsatzes des laufenden Einkommens befasse, regele § 115 Abs. 3 ZPO die Zumutbarkeit des Einsatzes von Vermögen. Es sei nicht einzusehen, warum nach Zahlung von 48 Monatsraten auf die Verfahrenskostenhilfe ein nachträglich erworbenes Vermögen nicht zum Einsatz für die Verfahrenskosten herangezogen werden solle, sondern diese vielmehr vom Steuerzahler aufgebracht werden müssten.

Auch der teilweise vertretenen Auffassung, wonach Beträge zur Abfindung von Unterhaltsansprüchen kein einsatzfähiges Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 3 ZPO darstellten, könne nicht gefolgt werden. Vielmehr könne dies nur unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden.

Diese Abwägung führe im vorliegenden Fall dazu, von der Anordnung einer Zahlung aus dem Vermögen abzusehen.

Maßgeblich für diesen Umstand erachte das OLG, dass ein Abfindungsbeitrag nicht zur Abgeltung rückständigen Unterhalts, sondern für den künftigen Unterhalt ab Rechtskraft des Scheidungsurteils ausgehandelt werde. Obgleich der Betrag von 75.000,00 EUR relativ hoch erscheine, sei dessen Einsatz für die restlichen Verfahrenskosten i.H.v. 8.500,00 EUR nicht zumutbar, weil die Antragsgegnerin für ihren künftigen Lebensunterhalt auf das Geld angewiesen sei.

Bei einer Lebenserwartung der Antragsgegnerin von noch weiteren 20 Jahren würde der Abfindungsbetrag zur Aufstockung der monatlichen Einkünfte um 312,00 EUR auf ca. 1.800,00 EUR gerade ausreichen. Auch wenn man einen gewissen Zinsertrag zurechnen würde, lebe die Antragsgegnerin auch dann keineswegs in üppigen Verhältnissen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 16.01.2012, II-8 WF 304/11

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