1 Leitsatz

Bevor die Wohnungseigentümer entscheiden, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Verbraucherkreditvertrag schließt, müssen mehrere Angebote eingeholt werden.

2 Normenkette

WEG § 10 Abs. 6

3 Sachverhalt

Die Wohnungseigentümer beschließen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Verbraucherkreditvertrag schließen soll. Im Rahmen einer Kostenentscheidung ist fraglich, ob es vor der Entscheidung mehrerer Angebote bedurft hätte.

4 Entscheidung

Das LG bejaht die Frage! Es habe an einer hinreichenden Entscheidungsgrundlage gefehlt, da vor dem Beschluss nicht mindestens 3 Vergleichsangebote vorgelegen hatten. Zum einen könnten die Konditionen, zu denen Banken Darlehen anbieten, etwa in Bezug auf Laufzeit, Zinsbindung, Sondertilgungsmöglichkeiten oder damit verbundenen Kreditratenschutzversicherungen, erheblich voneinander abweichen. Zudem unterschieden sich naturgemäß auch die Kosten für einen Kredit, insbesondere hinsichtlich der Zinshöhe, zum Teil erheblich. Um beurteilen zu können, ob ein Angebot ihren Bedürfnissen entspreche, sei es daher ebenfalls erforderlich, dass sich die Wohnungseigentümer eine hinreichende Tatsachengrundlage verschafften, bevor sie einem Angebot den Zuschlag erteilten. Dies könne u. a. durch die Einholung von Vergleichsangeboten geschehen. In quantitativer Hinsicht dürften regelmäßig 3 Angebote ausreichend, aber auch erforderlich sein.

Hinweis

Das Erfordernis, Vergleichsangebote einzuholen, ist von der Rechtsprechung insbesondere in Bezug auf die Beauftragung von baulichen Maßnahmen, aber auch hinsichtlich anderer Vertragsabschlüsse, wie etwa die Verwalterbestellung, entwickelt worden. Die Einholung soll eine hinreichende Entscheidungsgrundlage für die Ausübung des den Wohnungseigentümern zustehenden Ermessens bei der Auswahl des jeweiligen Angebots und des Unternehmens gewährleisten. So soll erreicht werden, dass die Wohnungseigentümer die Angebote von unterschiedlichen Unternehmen miteinander vergleichen können, um sich für denjenigen Vertragsabschluss zu entscheiden, der ihren Interessen inhaltlich am ehesten entspricht. Zudem sollen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit beachtet werden, indem keine überteuerten Aufträge erteilt werden.

Es ist jedoch nicht notwendig, das billigste oder technisch hochwertigste Angebot anzunehmen. Vielmehr sollen die Wohnungseigentümer im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der angebotenen Leistungen und der hierfür in Ansatz gebrachten Kosten in die Lage versetzt werden, sich nach Ausübung des ihnen zustehenden Ermessens für eines der Angebote zu entscheiden. Um das Preis-/Leistungsverhältnis beurteilen zu können, ist es erforderlich, dass die eingeholten Angebote vergleichbar sind. Die Wohnungseigentümer sind über sämtliche relevanten Umstände aufzuklären und die Angebote müssen ihnen spätestens bei der Beschlussfassung zugänglich gemacht werden, sofern dies gewünscht wird.

Das Gericht klärt, dass die Notwendigkeit, sich vor einer Entscheidung eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Ausübung des Ermessens zu verschaffen, auch für den Abschluss eines Darlehensvertrags gilt.

Praxistipp: Anforderungen an die Dokumentation

Nach der Rechtsprechung ist die Aufnahme eines längerfristigen Darlehens zur Finanzierung von Erhaltungsmaßnahmen zwar grundsätzlich möglich, dies aber nur unter besonderen Voraussetzungen. Hintergrund für diese hohen Voraussetzungen ist, dass die einzelnen Wohnungseigentümer nicht nur im Außenverhältnis zur kreditgebenden Bank nach § 10 Abs. 8 WEG nach dem Verhältnis ihres Miteigentumsanteils haften, sondern auch im Innenverhältnis eine Nachschusspflicht droht. Insoweit hat der BGH (Urteil v. 25.9.2015, V ZR 244/14, Rn. 15) Folgendes ausgeführt: "Dies folgt aus der Verpflichtung der Wohnungseigentümer, für einen ausgeglichenen Etat zu sorgen (§ 28 Abs. 1 Satz 2 WEG). Gibt es Zahlungsausfälle bei Wohnungseigentümern, müssen die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen Wohnungseigentümer oder, wenn sich eine Finanzierungslücke während des laufenden Wirtschaftsjahrs auftut, durch eine Sonderumlage ausgeglichen werden. Das gilt in gleicher Weise, wenn einzelne Wohnungseigentümer ihren Anteil an den Zins- und Tilgungsleistungen nicht erbringen und dadurch Deckungslücken entstehen; denn auch diese Verbindlichkeiten gehören zu den Ausgaben i. S. d. § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WEG, deren Aufbringung durch den Wirtschaftsplan oder durch dessen Ergänzung in Form einer Sonderumlage sicherzustellen ist."

Im Hinblick auf diese drohende Nachschusspflicht, die theoretisch unbegrenzt ist und auch Wohnungseigentümer treffen kann, die nach dem Verhältnis ihres Miteigentumsanteils den zu zahlenden Teil ihres Beitrags bereits erbracht haben, sind an einen Beschluss, durch den die Aufnahme eines Darlehens genehmigt wird, besondere Anforderungen zu stellen. Hierzu hat der BGH wie folgt ausgeführt: "Ferner muss vor der Beschlussfassung über eine Kreditaufnahme wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentüm...

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