Leitsatz

Der BGH hatte sich mit Problemen des Zugewinns auseinanderzusetzen. Es ging primär um die Frage, ob im Rahmen einer Zugewinnberechnung der gesamte Praxiswert einschließlich des "good will" als Aktivposten zu berücksichtigen ist, wenn zuvor beim nachehelichen Unterhalt die Verpflichtung aus den erzielten selbständigen Einkünften ermittelt wurde. Ferner ging es um die Frage, wie Verbindlichkeiten zu behandeln sind, die unterhaltsmindernd bereits berücksichtigt wurden.

 

Sachverhalt

Nach rechtskräftiger Scheidung stritten die Parteien noch über den Zugewinnausgleich. Streit bestand zwischen ihnen insbesondere darüber, ob dem jeweiligen aktiven Endvermögen weitere Positionen hinzuzurechnen sind, eine weitere Verbindlichkeit der Ehefrau zu berücksichtigen ist und ob der Ehemann über weiteres Anfangsvermögen verfügte.

Zum Stichtag für das Endvermögen war der Ehemann, von Beruf Tierarzt, hälftiger Teilhaber einer tierärztlichen Gemeinschaftspraxis. Der Wert dieser Praxis war in dem vom FamG eingeholten Gutachten des Sachverständigen mit insgesamt 170.520,00 EUR ermittelt worden. Hiervon entfiel ein Teilbetrag von 92.604,00 EUR auf das Sachvermögen und ein weiterer Teilbetrag von 77.920,00 EUR auf den good will der Praxis.

Die Ehefrau hat die Auffassung vertreten, dem Endvermögen des Ehemannes sei neben dem hälftigen Wert der Tierarztpraxis der hälftige Forderungsbestand sowie der hälftige Anteil an dem Rücklagenkonto der Gemeinschaftspraxis hinzuzurechnen. Außerdem sei sein Pkw zusätzlich zu berücksichtigen. Das Anfangsvermögen des Ehemannes sei nicht um den Wert eines Pkw zu erhöhen. Sie selbst habe bei zutreffender Bewertung ihres weiteren Endvermögens sowie unter Berücksichtigung einer weiteren Verbindlichkeit i.H.v. 27.760,04 DM keinen Zugewinn erzielt.

Das erstinstanzliche Gericht hat den Ehemann zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs von 13.378,08 EUR nebst Zinsen verurteilt.

Hiergegen hat die Ehefrau Berufung eingelegt. Das OLG hat ihr einen Betrag von insgesamt 15.298,98 EUR nebst Zinsen zuerkannt. Mit der zugelassenen Revision begehrte die Ehefrau die Zahlung weiterer 24.945,41 EUR nebst Zinsen.

Ihr Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Entscheidung

Die Revision der Ehefrau führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Der BGH verwies in seiner Entscheidung auf den von ihm bereits mehrfach vertretenen Grundsatz, dass ein güterrechtlicher Ausgleich nicht stattzufinden habe, soweit eine Vermögensposition bereits auf andere Weise ausgeglichen worden sei (BGH, Urt. v. 11.12.2002 - XII ZR 27/00, FamRZ 2003, 432, 433; BGHZ 156, 105, 110 = FamRZ 2003, 1544, 1546; v. 21.4.2004 - XII ZR 185/01, FamRZ 2004, 1352, 1353).

An dieser Auffassung werde ausdrücklich festgehalten. Hieraus folge indessen nicht, dass der Wert eines Unternehmens, einer Unternehmensbeteiligung oder einer freiberuflichen Praxis güterrechtlich außer Betracht zu lassen sei, wenn aus den hieraus erzielbaren künftigen Beträgen Unterhalt zu leisten sei.

Eine solche doppelte Teilhabe könne bei einer freiberuflichen Praxis nur dann eintreten, wenn zum Unterhalt auch der Vermögensstamm herangezogen worden sei. Nach den Richtlinien der jeweiligen Standesorganisation stelle für den ideellen Wert einer Praxis der Umsatz den geeigneten Wertbestimmungsfaktor dar. Die für eine Arztpraxis aufgestellten Kriterien, wonach der Durchschnittsumsatz der letzten drei Jahre mit besonderer Gewichtung des letzten Jahres abzüglich eines kalkulatorischen Oberarztlohnes anzusetzen sei, sei grundsätzlich eine geeignete Bewertungsmethode. Vorausgesetzt werde jedoch, dass eine Praxis mit ihren Ertragsmerkmalen auf einen potenziellen Erwerber übertragen werden könne.

Zur Vermeidung einer doppelten Teilhabe dürfe nicht ein pauschal angesetzter kalkulatorischer Unternehmerlohn in Ansatz gebracht werden. Vielmehr müsse der im Einzelfall konkret gerechtfertigte Unternehmerlohn eingesetzt werden. Würde man von vornherein in derartigen Fällen - wie beim OLG geschehen - einen good will im Zugewinn ausschließen, sei der berechtigte Ehepartner benachteiligt. Nach Wegfall des Unterhaltsanspruchs würde er dann unter Umständen nicht an dem mit der Praxis erwirtschafteten Vermögen teilhaben. Ausgleichsansprüche könnten nach Ablauf der 3-Jahres-Frist sogar verjährt sein.

Von dem ermittelten Wert sei nach ständiger Rechtsprechung (BGH v. 24.10.1990 - XII ZR 101/89 = FamRZ 1991, 43 ff.) jedenfalls eine sog. latente Steuer abzuziehen. Eine Zugewinnausgleichsforderung könne nicht mit der Argumentation der mangelnden Leistungsfähigkeit ausgeschlossen werden. In Fällen der freiberuflichen Praxis sei vielmehr oft noch weiteres Vermögen vorhanden, aus dem der Zugewinn bestritten werden könne. Eine sofortige Liquidation der Praxis sei im Regelfall daher nicht erforderlich. Im Übrigen bestehe die Möglichkeit, über § 1382 BGB eine Stundung zu beantragen.

Bei der Berücksichtigung der Verbindlichkeiten des Ehemannes habe es auch dann zu bleiben, wenn diese b...

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