Rz. 530

Als Ausnahme zum Grundsatz der Nichtabziehbarkeit von Auslandspenden sind Spenden an Mittelempfänger im EU-Ausland und in EWR-Staaten grundsätzlich abzugsfähig (vgl. §§ 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG; 9 Nr. 5 Satz 2 lit. c GewStG; 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 lit. c KStG). Dies gilt auch für Vermögensstockspenden. Die Rechtslage für Privatpersonen und Unternehmen, die an EU-ausländische gemeinnützige Organisationen spenden bzw. diese mit Stiftungsvermögen ausstatten, hat sich damit in den letzten Jahren deutlich verbessert. Die vom Spender zu erbringenden Nachweispflichten sind allerdings so hoch, dass die gesetzlichen Möglichkeiten in der Gestaltungs-Praxis bislang keine große Rolle spielen.

 

Rz. 531

In Bezug auf den Abzug von Spenden an gemeinnützige Organisationen aus dem EU-Ausland hat der EuGH am 27.1.2009 in der Rechtssache "Persche" entschieden, dass Spenden eines Steuerpflichtigen an gemeinnützige Einrichtungen eines anderen EU-Staates nach dem nationalen Recht grundsätzlich zum Spendenabzug zugelassen werden müssen[815] Der Spender müsse die Möglichkeit haben, nachzuweisen, dass eine Spende an eine ausländische Einrichtung die Voraussetzungen für den Spendenabzug erfülle, anderenfalls sei die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EGV) verletzt. Ein deutscher Steuerpflichtiger begehrte den Steuerabzug wegen einer Sachspende an eine in Portugal ansässige gemeinnützige Einrichtung. Das Finanzamt versagte den begehrten Sonderausgabenabzug mit der Begründung, der Spendenempfänger sei nicht in Deutschland ansässig und der Steuerpflichtige habe keine formgerechte Bestätigung vorgelegt. Nach Auffassung des Gerichtshofs fallen Spenden unter die Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr. Das gilt auch dann, wenn es sich um Sachspenden handelt. Da die Möglichkeit des Spendenabzugs das Verhalten des Spenders erheblich beeinflussen kann, stellt die fehlende Abzugsfähigkeit von Spenden an gemeinnützige Einrichtungen aus dem EU-Ausland eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, die grundsätzlich verboten ist. Wenn eine in einem anderen Mitgliedstaat als gemeinnützig anerkannte Einrichtung die Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit nach dem nationalen Recht erfüllt und ihr Ziel die Förderung identischer Interessen der Allgemeinheit ist, darf der Einrichtung das Recht auf Gleichbehandlung nicht allein aus dem Grund verwehrt werden, dass sie nicht im Inland ansässig ist. Auch das Erfordernis der Gewährleistung einer wirksamen Steueraufsicht rechtfertige keine Beschränkung des Spendenabzugs. Die beteiligten Steuerbehörden könnten vom Steuerpflichtigen alle Belege verlangen, die ihnen für die Beurteilung der Frage notwendig erscheinen, ob die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit der Ausgaben erfüllt sind. In der Rs. ”Stauffer” hatte der EuGH im Jahr 2006 entschieden, dass ausländischen gemeinnützigen Organisationen im Inland die Steuerbefreiung nicht aufgrund ihrer beschränkten Steuerpflicht versagt werden darf.[816] Mit der Entscheidung "Persche" ging das Gericht noch einen Schritt weiter, indem es eine Steuervergünstigung für im Ausland ausgeübte Tätigkeiten gewährte.

 

Rz. 532

Als Reaktion auf das EuGH-Urteil hat der deutsche Gesetzgeber die gesetzliche Grundlage für den Abzug grenzüberschreitender Spenden an EU- und EWR-Körperschaften, die in Deutschland beschränkt steuerpflichtig sind, geschaffen (vgl. § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 EStG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG). Voraussetzung ist, dass mit dem Staat, in dem die Organisation ansässig ist, Amtshilfe und Unterstützung bei der Beitreibung geleistet werden und dass die Organisation steuerbefreit wäre, würde sie inländische Einkünfte erzielen. Insbesondere setzt der Spendenabzug bei der ausschließlichen Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke im Ausland einen strukturellen Inlandsbezug voraus, indem entweder natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland gefördert werden oder die Tätigkeit des Spendenempfängers auch zur Steigerung des Ansehens der Bundesrepublik im Ausland beitragen kann (§§ 10b Abs. 1 Satz 6 EStG; 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 6 KStG S 1 Abs. 2 10).[817] Nach der Praxis der Finanzbehörden hat den Nachweis, dass der ausländische Zuwendungsempfänger die deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben erfüllt, der inländische Spender gegenüber dem für ihn zuständigen Finanzamt zu erbringen. Der Nachweis erfolgt durch Vorlage geeigneter Belege, dies wären insbesondere Satzung, Tätigkeitsbericht, Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben, Kassenbericht, Vermögensübersicht mit Nachweisen über die Bildung und Entwicklung der Rücklagen, Aufzeichnung über die Vereinnahmung von Zuwendungen und deren zweckgerechte Verwendung, Vorstandsprotokolle (§ 90 Absatz 2 AO).[818] Bescheinigungen über Zuwendungen von nicht im Inland steuerpflichtigen Organisationen lässt die Finanzverwaltung als alleinigen Nachweis nicht ausreichen.[819]

 

Rz. 533

Wie unterschiedlich die Rechtsprechung die europarechtlichen und die nationalen gesetzlichen Vor...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge