Rz. 528

Als Folge der EuGH-Urteile Stauffer und Persche hat der deutsche Gesetzgeber den Spendenabzug an ausländische gemeinnützige Körperschaften neu geregelt. Das Gesetz trennt allerdings nach wie vor zwischen nicht abzugsfähigen Spenden an Drittstaaten-Organisationen und grundsätzlich abzugsfähigen Spenden an europäische Organisationen.

2.4.1 Spenden an gemeinnützige Körperschaften aus Drittstaaten

 

Rz. 529

Spenden an gemeinnützige Organisationen aus Drittstaaten sind vom deutschen Gesetzgeber nicht zum Sonderausgabenabzug zugelassen (vgl. §§ 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG; 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 lit. c KStG). Das ist europarechtlich fragwürdig, da die Kapitalverkehrsfreiheit, unter welche der Spendenabzug laut EuGH fällt, grundsätzlich auch im Verhältnis zu Drittstaaten gilt.[812]

 
Hinweis

In der Praxis können Spenden, die ausländischen Körperschaften zugutekommen, in vielen Fällen dennoch steuerbegünstigt getätigt werden: Viele international operierende Organisationen, etwa im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit tätige Hilfswerke, unterhalten deutsche Einheiten in Form von Mittelbeschaffungskörperschaften, welche Zuwendungen deutscher Spender annehmen und zum Sonderausgabenabzug berechtigende Zuwendungsbestätigungen ausstellen dürfen. Da die Mittelbeschaffung gemäß § 58 Nr. 1 AO auch zugunsten ausländischer Körperschaften zulässig ist,[813] gibt es also in vielen Fällen einen pragmatischen Weg, den grenzüberschreitenden Spendenabzug abzuwickeln. Ist der ausländische Mittelempfänger eine kleinere Organisation ohne "eigene" deutsche Förderkörperschaft, so ist der deutsche Spender darauf angewiesen, eine inländische Körperschaft zu finden, welche die Spende für ihn weiterleitet und gegenüber dem Finanzamt die entsprechenden Mittelverwendungsnachweise erbringt.[814]

[812] Vgl. Geserich, NWB 2010, S. 1408, 1410. Zur praktischen Bedeutung der europarechtswidrigen Regelung vgl. Förster, BB 2011, 663, 665. Danach erfüllt unter den Drittländern nur Kanada die erforderlichen Anforderungen an Amtshilfe und Unterstützung der Beitreibung, die einen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit ausschließen.
[813] Vgl. Rn. 516 f.
[814] Die bekanntesten Programme für einem solchen Service dürften Maecenata International (www.maecenata.eu) sowie – beschränkt auf den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit – der Projektservice International (www.projektservice-international.de) sein.

2.4.2 Spenden an gemeinnützige Körperschaften aus dem EWR

 

Rz. 530

Als Ausnahme zum Grundsatz der Nichtabziehbarkeit von Auslandspenden sind Spenden an Mittelempfänger im EU-Ausland und in EWR-Staaten grundsätzlich abzugsfähig (vgl. §§ 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG; 9 Nr. 5 Satz 2 lit. c GewStG; 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 lit. c KStG). Dies gilt auch für Vermögensstockspenden. Die Rechtslage für Privatpersonen und Unternehmen, die an EU-ausländische gemeinnützige Organisationen spenden bzw. diese mit Stiftungsvermögen ausstatten, hat sich damit in den letzten Jahren deutlich verbessert. Die vom Spender zu erbringenden Nachweispflichten sind allerdings so hoch, dass die gesetzlichen Möglichkeiten in der Gestaltungs-Praxis bislang keine große Rolle spielen.

 

Rz. 531

In Bezug auf den Abzug von Spenden an gemeinnützige Organisationen aus dem EU-Ausland hat der EuGH am 27.1.2009 in der Rechtssache "Persche" entschieden, dass Spenden eines Steuerpflichtigen an gemeinnützige Einrichtungen eines anderen EU-Staates nach dem nationalen Recht grundsätzlich zum Spendenabzug zugelassen werden müssen[815] Der Spender müsse die Möglichkeit haben, nachzuweisen, dass eine Spende an eine ausländische Einrichtung die Voraussetzungen für den Spendenabzug erfülle, anderenfalls sei die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EGV) verletzt. Ein deutscher Steuerpflichtiger begehrte den Steuerabzug wegen einer Sachspende an eine in Portugal ansässige gemeinnützige Einrichtung. Das Finanzamt versagte den begehrten Sonderausgabenabzug mit der Begründung, der Spendenempfänger sei nicht in Deutschland ansässig und der Steuerpflichtige habe keine formgerechte Bestätigung vorgelegt. Nach Auffassung des Gerichtshofs fallen Spenden unter die Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr. Das gilt auch dann, wenn es sich um Sachspenden handelt. Da die Möglichkeit des Spendenabzugs das Verhalten des Spenders erheblich beeinflussen kann, stellt die fehlende Abzugsfähigkeit von Spenden an gemeinnützige Einrichtungen aus dem EU-Ausland eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, die grundsätzlich verboten ist. Wenn eine in einem anderen Mitgliedstaat als gemeinnützig anerkannte Einrichtung die Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit nach dem nationalen Recht erfüllt und ihr Ziel die Förderung identischer Interessen der Allgemeinheit ist, darf der Einrichtung das Recht auf Gleichbehandlung nicht allein aus dem Grund verwehrt werden, dass sie nicht im Inland ansässig ist. Auch das Erfordernis der Gewährleistung einer wirksamen Steueraufsicht rechtfertige keine Beschränkung des Spendenabzugs. Die beteiligten Steuerbehörden könnten vom Steuerpflichtigen alle Belege verlangen, die ihnen für die Beurteilung der Frage not...

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