Rz. 395

Dieses Aufteilungsverbot gilt jedoch nur auf der Seite der Einkommensverwendung, nicht aber auf der Seite der Einkommenserzielung. Im Rahmen der Einkommenserzielung ist es ausdrücklich zulässig, dass sich auch eine wegen Gemeinnützigkeit insgesamt steuerbegünstigte Körperschaft eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes bedient.[540] Diese Einnahmen sind steuerpflichtig (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer). Die Gemeinnützigkeit der Körperschaft insgesamt wird dadurch nicht berührt. Denn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist nicht Teil der Verfolgung der steuerbegünstigten Zwecke (Mittelverwendung), sondern dient der Erwirtschaftung von Mitteln für die Verfolgung der gemeinnützigen Zwecke.[541] Die hierdurch erwirtschafteten Mittel müssen dann wieder ausschließlich für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Stiftung verwendet werden.[542]

 
Hinweis

Organisation von Mittelbeschaffungstätigkeiten

Strebt eine Stiftung eine Tätigkeit an, die nicht steuerbegünstigt ist, aber die der Mittelbeschaffung dient (z. B. den Betrieb eines Cafés oder die entgeltliche Verwaltung treuhänderischer Stiftungen), so kann sie diese in der Regel im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausführen.[543] Die Tätigkeit ist dann aber nicht als Zweck in die Satzung der Stiftung aufzunehmen. Alternativ ist bei umfangreichen nicht begünstigten Tätigkeiten zu erwägen, diese in einer steuerpflichtigen Tochtergesellschaft auszuführen.

 

Rz. 396

Der Grundsatz der Ausschließlichkeit betrifft nur die Mittelverwendung im ideellen Bereich der Körperschaft und gilt nicht in den Bereichen der Vermögensverwaltung, der Zweckbetriebe und der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe. Im Rahmen der Vermögensverwaltung ist die Rückführung von bis zu einem Drittel der Einkünfte in die freie Rücklage unschädlich (§ 58 Nr. 7 lit. a AO; ab 1.1.2014: § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO n. F.). Die Unterhaltung eines Zweckbetriebes, der in seiner Gesamtrichtung gerade dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen – beispielsweise einen Kindergarten oder ein Museum – ist ebenfalls unschädlich.

 

Rz. 397

Soweit die aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erzielten Einkünfte ausschließlich für gemeinnützige Zwecke verwendet werden, ist es für die Gemeinnützigkeit grundsätzlich unbeachtlich, welchen Umfang der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb einnimmt.[544] Verwendet z. B. eine kleine Körperschaft, die anerkannt und zweifelsfrei gemeinnützig ist, ihre Mittel (mangels größeren Vermögens vor allem Spenden) ausschließlich für ihre gemeinnützigen Zwecke, so ändert sich grundsätzlich der Sachverhalt nicht, wenn sie (durch Erbschaft oder eine Zustiftung) einen großen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erhält und die daraus erlangten und erheblichen Mittel (entnahmefähige Gewinne wie auch alle übrigen Mittel) gemeinnützig verwendet. Die Gemeinnützigkeit steht und fällt tatbestandsmäßig mit der Zweckverfolgung und der Mittelverwendung. Die Art der Einkünfte ist grundsätzlich unerheblich.

 

Rz. 398

Der BFH hat allerdings in einem Urteil von 2007 klargestellt, dass die Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, der nicht Zweckbetrieb ist, der Gemeinnützigkeit der Körperschaft entgegen steht, wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne neben die Verfolgung des gemeinnützigen Zwecks der Körperschaft tritt.[545] Die Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes sei aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts nur dann unschädlich, wenn sie um des gemeinnützigen Zwecks willen erfolgt, indem sie z. B. der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der gemeinnützigen Aufgabe diene. Ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dagegen nicht dem gemeinnützigen Zweck untergeordnet, sondern ein davon losgelöster Zweck oder gar der Hauptzweck der Betätigung der Körperschaft, so scheitere deren Gemeinnützigkeit an § 56 AO. In einem solchen Fall könne die Betätigung der Körperschaft nicht in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden; vielmehr sei dann die Körperschaft insgesamt steuerpflichtig.[546]

 

Rz. 399

Die Finanzverwaltung hat sich dieser Auffassung angeschlossen und sie zugleich auf den Bereich der Vermögensverwaltung erweitert.[547] Wenngleich der Begriff "Gesamtschau" an die frühere Geprägetheorie[548] erinnert, hat die Finanzverwaltung doch mit der Übernahme der BFH-Rechtsprechung in den Anwendungserlass zur AO ihre Auffassung zur Bedeutung der Grundsätze der Selbstlosigkeit und der Ausschließlichkeit geändert. Entscheidend für die Gemeinnützigkeit sind ausschließlich Mittelverwendung und Zweckverfolgung. Erst wenn die Mittelbeschaffung selbst Zweck der Betätigung wird, sind die Voraussetzungen für eine Steuerbegünstigung nicht mehr gegeben.

[540] Hartmann, in Strachwitz/Mercker (Hrsg.), Stiftungen in Theorie, Recht und Praxis 2005, S. 475, 476.
[541] Pöllath/Richter, in Seifart/v. Campenhausen (Hrsg.), Stiftungsrechts-Handbuch, § 43 Rn. 67.
[542] Pöllath/Richter, in Seifart/v. Campenhaus...

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