I. Geschäftsführung

 

Rz. 107

Nach dem gesetzlichen Leitbild werden die Geschäfte der corporation durch die Gesamtheit der Direktoren (board of directors) als Kollegialorgan geleitet und gleichzeitig auch überwacht (§ 141(a) DGCL, § 300(a) CalCC, § 701 NYBCL). Das board of directors ist somit Leitungs- und Überwachungsorgan der corporation. Außer der Gesellschafterversammlung gibt es damit kein weiteres Überwachungsorgan.

 

Rz. 108

Die Mitglieder des board of directors müssen weder Gesellschafter sein noch bestehen sonstige gesetzliche Voraussetzungen (§ 141(b) DGCL, § 701 NYBCL). Bei großen, insbesondere börsennotierten Gesellschaften setzt sich das board häufig aus aktiv an der Geschäftsführung teilnehmenden directors (inside directors) sowie aus unternehmensfremden, lediglich mit der Überwachung der Geschäftsleitung befassten directors (outside directors) zusammen. Aber auch bei größeren close corporations können im board Persönlichkeiten aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen als outside director vertreten sein, um den geschäftsführenden Gesellschaftern mit ihrer Expertise unterstützend und beratend zur Verfügung zu stehen. Ferner verlangen Eigenkapitalgeber (Wagniskapitalgesellschaften) häufig, dass sie im board mit einem outside director vertreten sind.

 

Rz. 109

Die Anzahl der directors wird üblicherweise in den bylaws festgelegt, sofern sie nicht ausnahmsweise bereits Regelungsgegenstand der articles ist. Grundsätzlich kann das board auch aus nur einem director bestehen (§ 141(b) DGCL, § 212(a) CalCC, § 702 NYBCL).

 

Rz. 110

Die täglichen Geschäfte sind Geschäftsführern (officers) übertragen, deren Tätigkeit dann wiederum vom board of directors überwacht wird. Auch bei einer solchen Delegation bleibt das board of directors weiterhin für die Geschäftsführung verantwortlich (§ 141(a) DGCL, § 300(a) CalCC). Officers müssen keine Angestellten der Gesellschaft sein. Officers können gleichzeitig auch Mitglieder des board of directors sein. In Kalifornien ist der chairman of the board im Zweifel auch chief executive officer (§ 312(a) CalCC). Kompetenzen und Befugnisse der officers leiten sich aus den ihnen vom board of directors übertragenen Befugnissen, Rechten und Pflichten ab. Anzahl, Funktionen und Aufgaben der officers werden entweder in den bylaws oder in einem Beschluss des board of directors bestimmt (§ 142(a) DGCL, § 312(b) CalCC, § 715 NYBCL). Corporations haben einen officer als Vorsitzenden (president oder chief executive officer), der oft auch Mitglied des board of directors ist, sowie einen für das Finanz- und Rechnungswesen verantwortlichen officer (vice president finance oder treasurer oder chief financial officer). Des Weiteren gibt es einen officer, der für die Führung der Gesellschaftsdokumente und -protokolle (corporate records) verantwortlich ist, den sog. secretary (siehe z.B. § 312(a) CalCC).

 

Rz. 111

Kennzeichnend für die close corporation ist, dass sämtliche Anteilseigener häufig zugleich auch Mitglied des board of directors und/oder officers sind. Bei Ein-Mann-Gesellschaften (incorporated proprietorship) ist der einzige Gesellschafter typischerweise der einzige director und nimmt gleichzeitig auch sämtliche Funktionen des officer war. Schließlich besteht in der close corporation für die Gesellschafter die Möglichkeit, durch den Abschluss eines sog. control agreements die Kompetenzen des board of directors zugunsten der Gesellschafter zu beschränken oder sogar noch weiter gehend auf ein board of directors ganz zu verzichten.

II. Bestellung und Abberufung der directors und officers

 

Rz. 112

Die Bestellung der Mitglieder des board of directors erfolgt grundsätzlich durch die Gesellschafter (§ 301(a) CalCC, § 703 NYBCL). Obwohl dem board of directors auch die Unternehmenskontrolle obliegt, ist es gesetzlich nicht vorgeschrieben, dass dem board auch Arbeitnehmervertreter angehören müssen. Eine Beteiligung der Arbeitnehmer an der Unternehmensleitung bzw. -kontrolle kennt das US-amerikanische Gesellschaftsrecht nicht. Freiwillig wählen i.d.R. nur börsennotierte Gesellschaften Arbeitnehmer- oder Gewerkschaftsvertreter in das board.

 

Rz. 113

Grundsätzlich kann jede geschäftsfähige natürliche Person unabhängig von deren Staatsangehörigkeit und Wohnsitz zum director bestellt werden. Juristische Personen oder Personenvereinigungen können dagegen nicht director sein. Die articles of incorporation oder die bylaws können ferner besondere Eignungsvoraussetzungen vorsehen (§ 141(b) DGCL, § 164 CalCC, § 701 NYBCL).

 

Rz. 114

Die Wahl der directors erfolgt nach der gesetzlichen Regelung durch relative Mehrheit (plurality of votes) der anwesenden sowie vertretenen Stimmen (§ 216(3) DGCL, § 300(a) CalCC, § 614(a) NYBCL). Diejenigen directors, die die meisten Stimmen erhalten, gelten als gewählt. In den articles of incorporation oder den bylaws kann ein abweichendes Mehrheitserfordernis festgelegt werden. Zudem wird häufig ein besonderes Verhältniswahlverfahren vereinbart (cumulative voting). Kennzeichnend hierfür ist, dass jeder Gesellschafter so viele Stimmen je Gesellschaftsanteil abgeben ka...

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