Leitsatz

  1. Objektive Auslegung des Beschlusses über eine Jahresabrechnung (auch mitbeschlossene Einzelabrechnungen?)
  2. Ungültige Klauseln eines Muster-Verwaltervertrags; Anfechtung des Beschlusses über die Ermächtigung des Beirats zum Vertragsabschluss
  3. Beschlussfassung über die Erneuerung einer gemeinschaftlichen Zentralheizungsanlage mit gleichzeitigem Austausch defekter Heizkörper (unabhängig davon, ob diese im Sonder- oder Gemeinschaftseigentum stehen)
 

Normenkette

§§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2, 21 Abs. 5 Nr. 2, 26 Abs. 1, 28 Abs. 5 WEG; §§ 305, 307, 308 Nr. 6 BGB

 

Kommentar

1. Werden Antragsgegner im Beschlussanfechtungsverfahren und auch die Verwaltung als weitere Beteiligte von dem selben anwaltlichenBevollmächtigten vertreten (Interessenkollision?), spielt dies für das bisherige Anfechtungs- und Rechtsbeschwerdeverfahren keine Rolle. Selbst ein etwaiger Verstoß gegen anwaltliche berufsrechtlichePflichten, zu denen das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen gehört (§ 3 der Berufsordnung für Rechtsanwälte – BORA), würde die Wirksamkeit verfahrensmäßiger Rechtshandlungen nicht berühren (BGH, NJW 1993, 1926). Im Übrigen ist festzuhalten, dass eine Berufspflicht zur Beendigung aller Mandate in derselben Rechtssache erst entsteht, sobald der Rechtsanwalt erkennt, dass er entgegen § 3 BORA tätig ist. Davon war – jedenfalls für die Vergangenheit – vorliegend nicht auszugehen.

2. Selbst wenn eine sog. Abrechnungsgenehmigungs-Fiktionsvereinbarung wie hier vereinbart sein sollte ("Anerkenntnis der Abrechnung, wenn gegen sie nicht binnen 14 Tagen schriftlich begründeter Widerspruch eingelegt wird") und die Gültigkeit einer solchen Vereinbarung bisher vom BGH offengelassen wurde (BGH, NJW 1991, 979), ist es ausschließlich Sinn und Zweck einer solchen Genehmigungsfiktion, die Arbeit der Hausverwaltung zu erleichtern. Deshalb steht ihr der Weg, die Genehmigung über einen Eigentümerbeschluss herbeizuführen, regelmäßig offen (h.M.).

3. Im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung muss grundsätzlich zugleich mit der Beschlussfassung über die Jahresgesamtabrechnung auch über alle Einzelabrechnungen mit beschlossen werden (ebenfalls h.M.). Ist dies zweifelhaft, muss durch objektiv-normative Auslegung der entsprechende Beschlussinhalt ermittelt werden. Unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalls muss ein Beschlussergebnis für jedermann ohne Weiteres erkennbar sein, so z. B. über ein Versammlungsprotokoll. Eine ergänzende Beweiserhebung durch Zeugeneinvernahme zum Beschlussinhalt kommt nicht in Betracht. Vorliegend enthielt das Protokoll keinen Hinweis, dass auch Einzelabrechnungen Genehmigungsgegenstand waren, zumal in der Einladung als Tagesordnungspunkt nur die Rede von "Genehmigung der Abrechnung" war. Allein der Umstand, dass Einzelabrechnungen vom Verwalter offensichtlich erstellt wurden, erlaubt nicht von selbst den Schluss, dass sich die Genehmigung in der Eigentümerversammlung auch hierauf erstreckt (BayObLG, ZWE 2002, 34/35).

Insoweit besteht bei einem Mangel noch nicht beschlossener Einzelabrechnungen – wie hier – nur ein Ergänzungsanspruch über § 21 Abs. 3 und 4 WEG. Der Beschluss über die Gesamtabrechnung muss nicht schon deshalb für ungültig erklärt werden.

Selbst wenn Einsichtsrechte in die vollständigen Abrechnungsunterlagen verletzt worden sein sollten, rechtfertigt dies nur einen Antrag auf Verpflichtung des Verwalters, Einblick in (bestimmte) Abrechnungsunterlagen zu gewähren. Ein solcher Verpflichtungsantrag kann auch mit einem Beschlussanfechtungsantrag zum Abrechnungsgenehmigungsbeschluss verbunden werden (h.M.), wovon der Antragsteller im vorliegenden Fall allerdings nicht Gebrauch gemacht hat.

Was den Kostenverteilungsschlüssel zur Instandhaltungsrücklage sowie zu den Heiz- und Warmwasserkosten betrifft, hat die Aufteilung nur für die Einzelabrechnungen Bedeutung. Vorliegend entsprach die Bemessung der Rücklage nach Miteigentumsanteilen auch der objektiven Auslegung in der Gemeinschaftsordnung. Auch hinsichtlich der Heiz- und Warmwasserkostenverteilung sind gem. § 3 Satz 2 der Heizkostenverordnung die Regelungen über die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums entsprechend anzuwenden. Auch wenn hier die Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung nicht mit den in §§ 7 und 8 Heizkostenverordnung vorgesehenen Schlüsseln in Einklang steht, muss eine der Heizkostenverordnung konforme Regelung erst durch eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer herbeigeführt werden (BayObLG, NJW-RR 1986, 1076 und NZM 1999, 508; vgl. nunmehr auch § 16 Abs. 3 WEG n.F.).

4. Wurden bislang Einzelabrechnungen nicht genehmigt, ist der zugleich gefasste Eigentümerbeschluss über die Verwalterentlastung für ungültig zu erklären, da hier ein Verwalter seine Aufgaben noch nicht ordnungsgemäß erfüllt hat.

5. Ein Tagesordnungspunkt "Neuwahl der Hausverwaltung" deckt auch die Wiederwahl des bisherigen Verwalters sowie den Abschluss eines Verwaltervertrags mit diesem ab (h.M.). Dabei ist es auch nicht erforderlich, die Eigentümer...

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