Rz. 198

Der Erbverzicht[160] ist ein auf die Erbschaft bezogener Vertrag, der zu Lebzeiten des Erblassers zwischen ihm und seinen künftigen gesetzlichen Erben geschlossen wird.[161] Der Verzicht kann sich auf den ganzen, dem Verzichtenden fallenden Erbteil (voller Verzicht) oder auf einen Teil davon (teilweiser Verzicht) beziehen.

 

Rz. 199

Der Verzicht auf die Erbfolge wirkt sich i.d.R. auf den Pflichtteil aus, d.h., der Verzicht auf den Erbteil bedeutet zugleich Verzicht auf den Pflichtteil, es sei denn, die Vertragsparteien haben anderes vereinbart. In persönlicher Hinsicht erstreckt sich der Verzicht auf die Abkömmlinge des Verzichtenden nur bei einer Befriedigung in einer den Pflichtteil erreichenden Höhe oder bei einer ausdrücklichen Erstreckung auf die Abkömmlinge. Der Verzicht kann auch gezielt zugunsten einer bestimmten Person erfolgen, vorausgesetzt, dass diese Person nach dem Erblasser erbt. Ist der Verzichtende ein Abkömmling des Erblassers, so dient der Verzicht – mangels einer abweichenden Vereinbarung der Parteien – zugunsten der übrigen Abkömmlinge.

 

Rz. 200

Der Erbverzicht bedarf der Schriftform; weitere Formvorschriften sieht das Gesetz nicht vor. Es ist somit zulässig, dass die schriftlichen Erklärungen der Parteien in gesonderten Urkunden abgefasst werden. Wichtig ist jedoch, dass sich der Gegenstand des Verzichts (worauf die Partei verzichtet) aus dem Vertrag eindeutig hervorgeht und dass klargestellt wird, ob der Verzicht entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt.

 

Rz. 201

Der Verzicht ist ein Vertrag, daher gelten für ihn die Vorschriften des Schuldrechts genauso wie bei anderen Verträgen. Der Verzichtsvertrag kann wegen Willensmängel wie ein Testament angefochten werden. So kann der Verzicht angefochten werden, wenn

der Verzichtende über den Inhalt seiner Verzichtserklärung irrte oder eine solche Erklärung überhaupt nicht abgeben wollte;
eine irrtümliche Vermutung oder später vereitelte Erwartung ihn zur Abgabe der Erklärung veranlasst hat; oder
er durch rechtswidrige Drohung oder unredliche Einflussnahme zum Verzicht genötigt wurde,

vorausgesetzt, er hätte anderenfalls die Verzichtserklärung nicht abgegeben.

 

Rz. 202

Was den Inhalt der Verzichtserklärung betrifft, so kann sich der Verzicht auf den Pflichtteil beschränken, er kann jedoch auch allgemein lauten. Bezieht sich der Verzicht nur auf den Pflichtteil, stellt er keinen Verzicht auf jene Vermögensgegenstände dar, die unter anderen Rechtstiteln (z.B. durch testamentarische Erbeinsetzung) auf den Verzichtenden übergehen.

 

Rz. 203

Der Verzicht erstreckt sich mangels abweichender Vereinbarung der Parteien auch auf den Teil des Nachlasses, um den sich der Anteil des Verzichtenden nachträglich infolge des Wegfalls einer anderen Person erhöht, bzw. auch auf das Vermögen, das der Erblasser nach dem Verzicht erworben hat, es sei denn, es erfolgte eine so außerordentliche Anwachsung des Vermögens, dass in dessen Kenntnis die Verzichtserklärung mutmaßlich nicht abgegeben worden wäre.

[160] Ungarisch: "lemondás az öröklésről".
[161] § 7:7 ff. Ptk.

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