Rz. 170

Gemäß § 7:80 Ptk. liegt dem Pflichtteil der reine Wert des Nachlasses – d.h. der Wert des Nachlasses nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten –, jedoch hinzugerechnet der reine Wert der vom Erblasser unter Lebenden – unabhängig, an wen – getätigten unentgeltlichen Zuwendungen zur Zuwendungszeit zugrunde. Wäre jedoch die Berücksichtigung des zur Zeit der Zuwendung maßgebenden Werts schwer unbillig, kann das Gericht bewilligen, dass ein anderer – unter Beachtung der Umstände – bestimmter Wert der Zuwendung berücksichtigt wird. Bei der Berechnung des reinen Werts des Nachlasses dürfen die Vermächtnisse und die Auflagen nicht als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden.

 

Rz. 171

Nicht zur Bemessungsgrundlage des Pflichtteils gehören folgende Zuwendungen:

der Wert der unentgeltlichen Zuwendungen, die der Erblasser länger als zehn Jahre vor seinem Tod – gleichgültig, an wen – gemacht hat;
der Wert einer unentgeltlichen Zuwendung, die der Erblasser vor dem Entstehen[139] der zum Pflichtteil berechtigenden Beziehung gemacht hat;
der Wert der das gewöhnliche Maß nicht übersteigenden unentgeltlichen Zuwendung;
der Wert des dem Ehegatten oder Lebenspartner, ferner dem Abkömmling geleisteten Unterhalts;
der Wert des an eine andere bedürftige Person unentgeltlich geleisteten Unterhalts in der zum Lebensunterhalt erforderlichen Höhe.
 

Rz. 172

Zur Befriedigung des Pflichtteils ist nicht nur dasjenige zu berücksichtigen, was dem Berechtigten – gleich unter welchem Rechtstitel – aus dem Nachlass zusteht, sondern auch jene unentgeltlichen Zuwendungen und Geschenke, die der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten noch zu seinen Lebzeiten gemacht hat, vorausgesetzt, dass diese Zuwendungen dem Nachlasswert zuzurechnen sind. Die Berücksichtigung des der Befriedigung des Pflichtteils dienenden Werts erfolgt durch Anrechnung.[140] Die Anrechnung verhindert, dass solche Berechtigte wiederholt einen Anspruch unter dem Rechtstitel des Pflichtteils geltend machen, die bereits zu Lebzeiten des Erblassers Zuwendungen in Höhe des Pflichtteils erhalten haben. Die unentgeltliche Zuwendung, deren Anrechnung vom Erblasser erlassen wurde, darf der Bemessungsgrundlage des eigenen Pflichtteils des Berechtigten nicht zugerechnet werden, es sei denn, der Erlass der Anrechnung durch den Erblasser verletzt den Pflichtteil eines anderen Pflichtteilsberechtigten.

[139] Als Zeitpunkt des Zustandekommens dieser Beziehung ist bei einem ehelichen Kind und bei einem von den Ehegatten durch gemeinsame Adoption adoptierten Kind der Zeitpunkt der Eheschließung zu betrachten. Bei einem anderen adoptierten Kind ist der Zeitpunkt der Adoption ansonsten die Empfängniszeit des Kindes (§ 7:81 Abs. (2) Ptk.).
[140] Ungarisch: "betudás".

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