Rz. 231

Das Nachlassverfahren lässt sich in zwei Verfahrensabschnitte einteilen:

Im ersten Verfahrensabschnitt wird das Nachlassverzeichnis aufgenommen, indem die Gemeindeverwaltung den Nachlass ermittelt. In diesem Verfahrensabschnitt ist die Gemeindeverwaltung als Verwaltungsbehörde[181] in das Verfahren einbezogen; ihre Tätigkeit richtet sich auf die Vorbereitung des notariellen Verfahrens.
Im zweiten Verfahrensabschnitt führt der Notar die Verhandlung durch. Unter besonderen Voraussetzungen kann das Nachlassverfahren ohne Verhandlung abgewickelt werden (siehe Rdn 291). Gegen den Beschluss des Notars ist eine Berufung an das zuständige Gericht zweiter Instanz zulässig bzw. es kann ggf. eine Erbschaftsklage erhoben werden.
 

Rz. 232

Das Nachlassverfahren beginnt mit dem Tod des Erblassers, sofern der Erblasser in Ungarn gestorben ist. Der Leichenbeschauer ist verpflichtet, den Todesfall dem für den Ort des Todesfalls zuständigen Gemeindedirektor durch Ausfertigung des Leichenschauscheins zu melden. Ist der Erblasser nicht am inländischen Wohnsitz gestorben, übermittelt der Gemeindedirektor den Leichenschauschein dem nach dem letzten inländischen Wohnsitz des Verstorbenen zuständigen Gemeindedirektor; falls der Verstorbene keinen Wohnsitz im Inland hatte, dem nach der Lage des Nachlassvermögens zuständigen Gemeindedirektor. Der Todesfall kann dem Gemeindedirektor bzw. dem Notar auch von einer Person gemeldet werden, die ein rechtliches Interesse an der Einleitung des Nachlassverfahrens hat. Der Anmeldende hat den Todesfall mit der Sterbeurkunde (oder u.U. mit einem rechtskräftigen gerichtlichen Beschluss über die Todeserklärung oder die Feststellung der Tatsache des Todes) nachzuweisen und sein rechtliches Interesse (die Eigenschaft als Erbe, Vermächtnisnehmer, usw.) glaubhaft zu machen. Bei Unzuständigkeit verständigt der Gemeindedirektor bzw. der Notar den für das Nachlassverfahren zuständigen Gemeindedirektor bzw. Notar.

 

Rz. 233

Ist der Erblasser im Ausland verstorben, so muss die von dem ausländischen Standesamt (oder von der sonst zuständigen ausländischen Behörde) ausgestellte Sterbeurkunde mit einer beglaubigten Übersetzung eingereicht werden. Als beglaubigte Übersetzung wird nach ungarischem Recht nur eine von dem Ungarischen Nationalbüro für Übersetzungen und Beglaubigungen (OFFI)[182] erstellte bzw. beglaubigte Übersetzung anerkannt.[183] Die Sterbeurkunde bedarf i.d.R. einer Legalisation (diplomatische oder konsularische Überbeglaubigung von der ungarischen Außenvertretung) oder einer Apostille. Die meisten bilateralen Rechtshilfeabkommen gewähren aber eine Befreiung von Legalisation und Apostille für öffentliche Urkunden, so u.a. für Sterbeurkunden. Diese Urkunden werden auch gem. Art. 4 (i.V.m. Art. 2 Abs. (1) lit. c)) der EU-Verordnung[184] über den grenzüberschreitende Urkundenverkehr von jeder Art der Legalisation und ähnlicher Förmlichkeit befreit. Die in Deutschland sowie in anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Sterbeurkunden bedürfen somit in einem ungarischen Nachlassverfahren keiner Legalisation.

[181] Für die Verfahrenshandlungen der Gemeindeverwaltung im Nachlassverfahren sind zumeist die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts (Bestimmungen des Gesetzes Nr. CL aus dem Jahre 2016 über die Allgemeine Verwaltungsordnung – Ákr.) subsidiär maßgebend, sofern das Hetv. keine Spezialvorschrift enthält.
[182] Ungarisch: "Országos Fordító- és Fordításhitelesítő Iroda".
[183] Siehe § 5 der – heftig umstrittenen – Verordnung des Ministerrates Nr. 24/1986 (VI.26.) MT. r. über die Fachübersetzung und das Dolmetschen, sowie deren Durchführungsverordnung (Verordnung des Justizministers, Nr. 7/1986 (VI.26.) IM r., § 5).
[184] Verordnung (EU) 2016/1191 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.7.2016 zur Förderung der Freizügigkeit von Bürgern durch die Vereinfachung der Anforderungen an die Vorlage bestimmter öffentlicher Urkunden innerhalb der Europäischen Union und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 (ABl L 200 v. 26.7.2016, S. 1).

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