Rz. 2

In der ungarischen Praxis treten Erbfälle von Erblassern, die vor dem 17.8.2015 verstorben sind, noch relativ häufig auf. In diesen Fällen wird das anwendbare materielle Erbrecht von den Kollisionsregeln bestimmt, die im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in Kraft waren. Die früheren ungarischen erbrechtlichen Kollisionsregeln wurden in der IPR-GVO (Nmtvr.)[1] bestimmt. Gemäß § 36 Abs. (1) IPR-GVO war das Erbstatut das letzte Personalstatut des Erblassers. Das Personalstatut wurde grundsätzlich durch die Staatsangehörigkeit bestimmt; das Personalstatut von Doppelbürgern mit ungarischer Staatsangehörigkeit war stets das ungarische Recht; das Personalstatut von Doppelbürgern ohne ungarische Staatsangehörigkeit sowie dasjenige von Heimatlosen wurde dagegen durch den Wohnsitz bestimmt (§ 11 IPR-GVO). Ein Renvoi war gem. § 4 IPR-GVO insoweit angenommen, als es auf das ungarische Sachrecht zurückweist. Bezüglich Formgültigkeit von letztwilligen Verfügungen sah § 36 Abs. (2) IPR-GVO die aus dem Haager Testamentsformübereinkommen (1961)[2] bekannten alternativen Anknüpfungsregeln vor; die Formgültigkeit konnte jedoch auch nach dem ungarischen Recht als lex fori geprüft werden.

[1] Gesetzesverordnung Nr. 13 aus dem Jahre 1979 über das Internationale Privatrecht. Die erbrechtlichen Bestimmungen dieser Gesetzesverordnung wurden bereits mit Wirkung zum 17.8.2015 aufgehoben; inzwischen wurde die gesamte Gesetzesverordnung vom 1.1.2018 durch ein neues IPR-Gesetz (Nmtv.) ersetzt.
[2] Ungarn ist kein Vertragsstaat des Übereinkommens.

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