Das Vorkaufsrecht des Mieters gemäß § 577 BGB besteht aber auch für den Fall, dass die Wohnung nach Überlassung in Wohnungseigentum umgewandelt werden soll. Im Zeitpunkt der Wohnraumüberlassung besteht also bereits die Umwandlungsabsicht, obwohl diese noch nicht realisiert wurde. Das Vorkaufsrecht besteht insoweit dann, wenn zum Zeitpunkt der Überlassung bereits das Verfahren zur Umwandlung eingeleitet ist, das Grundbuchverfahren aber erst später abgeschlossen wird. Darauf, ob der Mieter die Umwandlungsabsicht kennt, kommt es nicht an.

Das Vorkaufsrecht des Mieters gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB entsteht bei dem Verkauf eines noch ungeteilten Mehrfamilienhauses im Grundsatz nur dann, wenn sich der Veräußerer vertraglich zur Durchführung der Aufteilung gemäß § 8 WEG verpflichtet hat und ferner die von dem Vorkaufsrecht erfasste zukünftige Wohnungseigentumseinheit in dem Vertrag bereits hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Dies gilt auch im Fall eines Erwerbermodells.[1]

Auf das Vorkaufsrecht finden gemäß § 577 Abs. 1 Satz 3 BGB ergänzend die allgemeinen Bestimmungen über den Vorkauf Anwendung. Gemäß § 464 Abs. 2 BGB wird durch die Ausübung des Vorkaufsrechts als Gestaltungsrecht zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten ein selbstständiger Kaufvertrag zu den gleichen Bedingungen neu begründet, wie er zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten abgeschlossen war. Der Berechtigte tritt also nicht in den zwischen dem Verpflichteten und dem Drittkäufer geschlossenen Vertrag ein.[2] Vielmehr bestehen 2 Verträge. Die beiden Kaufverträge unterscheiden sich in der Regel nur darin, dass als Käufer anstelle des Dritten der Berechtigte steht.[3]

Das Vorkaufsrecht gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB soll allerdings gerade nicht zum Erwerb des gesamten Grundstücks berechtigen. Ebenso wenig soll der Mieter dauerhaft einen ideellen Miteigentumsanteil in einer Bruchteilsgemeinschaft ohne Sondereigentum an der angemieteten Wohnung erwerben. Vielmehr ist ein zwar sachenrechtlich noch nicht vorhandenes, aber in seiner Entstehung bereits angelegtes Wohnungseigentum Gegenstand des Vorkaufsrechts. Es entspricht auch seinem Zweck, dem Mieter ungeachtet der Aufteilung die weitere alleinige Nutzung der bislang mietweise überlassenen Wohnräume zu sichern. Deshalb muss zunächst gewährleistet sein, dass der Mieter einen Anspruch auf die Begründung des Wohnungseigentums erwirbt.

Dies ist allerdings nur der Fall, wenn der Verkäufer als Vorkaufsverpflichteter im Kaufvertrag eine Verpflichtung zur Aufteilung übernommen hat. Die Teilungserklärung des Veräußerers gegenüber dem Grundbuchamt gemäß § 8 WEG reicht für sich genommen nicht aus. Diese wird nämlich erst mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam und ist bis dahin frei widerruflich. Aus diesem Grund muss die Auslegung des Kaufvertrags ergeben, dass die vollendete Aufteilung geschuldet ist; das kann auch aus einer Bezugnahme auf die Teilungserklärung folgen. Jedenfalls besteht nur bei einer vertraglichen Verpflichtung ein Anspruch auf Durchführung der Aufteilung, den auch der Mieter als Vorkaufsberechtigter gegenüber dem Veräußerer geltend machen kann. Vertragsgegenstand des zweiten Vertrags zwischen dem Veräußerer und dem Mieter ist die Durchführung der Aufteilung und Übereignung des an den von dem Mieter bewohnten Räumen neu begründeten Sondereigentums mit einem entsprechenden Miteigentumsanteil. Als Gegenleistung schuldet der Mieter den auf seine Wohnung entfallenden anteiligen Kaufpreis.[4]

Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn die Aufteilung durch den oder die Erwerber durchgeführt werden soll. Vereinbaren mehrere Erwerber die Teilung gemäß § 3 WEG, so erwirbt der Mieter keinen Rechtsanspruch auf die Durchführung der Aufteilung. Wird die Teilungsvereinbarung erst nach dem Verkauf beurkundet, besteht bei Abschluss des Kaufvertrags nur eine noch unverbindliche Umwandlungsabsicht. Dies ergibt sich schon aus der Formbedürftigkeit einer Vereinbarung gemäß § 3 WEG, nach der notarielle Beurkundung erforderlich ist. Aber selbst dann, wenn die Beurkundung schon vor Abschluss des Kaufvertrags erfolgt, entsteht das Vorkaufsrecht nicht, weil der Mieter nicht in die Teilungsvereinbarung eintritt. Ein Vorkaufsrecht begründet grundsätzlich keine Rechtsbeziehungen des Mieters zu den teilenden Erwerbern als den Drittkäufern. Es richtet sich gegen den Verkäufer und erstreckt sich deshalb nicht auf Vereinbarungen der Käufer untereinander. Die Erwerber schulden gegenüber dem Mieter keine seinen Interessen entsprechende Aufteilung des Grundstücks. Sie könnten von der zuvor geplanten Aufteilung ohne weiteres Abstand nehmen und eine bereits beurkundete Teilungsvereinbarung einverständlich aufheben, ohne dass der Mieter dies verhindern könnte. Ebenso liegt es, wenn ein einzelner Erwerber bei Abschluss des Kaufvertrags die Absicht hat, nach der Übereignung eine Teilung gemäß § 8 WEG vorzunehmen.

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