BMF, 08.06.1992, IV A 3 - S 7340 - 63/92

Bezug: BMF-Schreiben vom 19. Februar 1992 - IV A 3 - S 7340 - 3/92; USt II/92, TOP 11

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Zwangsverwaltung eines Grundstücks folgendes:

(1) Mit der Beschlagnahme eines Grundstücks wird dem Vollstreckungsschuldner die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen (§ 148 Abs. 2 i. V. m. § 146 Abs. 1, § 20 Abs. 1 ZVG). Die dem Schuldner untersagte tatsächliche und rechtliche Verfügung über das beschlagnahmte Grundstück wird durch den Zwangsverwalter ausgeübt (§§ 150, 152 Abs. 1 ZVG). Er handelt mit Wirkung für und gegen den Vollstreckungsschuldner. Ausgaben der Verwaltung sind vom Zwangsverwalter aus den Nutzungen des beschlagnahmten Grundstücks zu bestreiten (§ 155 Abs. 1 ZVG). Zu diesen Ausgaben gehört auch die Umsatzsteuer, der die Lieferungen und sonstigen Leistungen durch den Zwangsverwalter unterliegen (BFH-Urteil vom 23. Juni 1988, BStBl II 1988, S. 920). Insbesondere fällt darunter die Umsatzsteuer, die im Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung eines beschlagnahmten Grundstücks entsteht (UStG § 4 Nr. 12 Buchst. a, UStG § 9 UStG).

(2) Der Übergang der Verwaltungsbefugnis auf den Zwangsverwalter läßt das Eigentum und die Unternehmereigenschaft des Grundstückseigentümers/Vollstreckungsschuldners unberührt. Er bleibt Steuerschuldner im Sinne des Umsatzsteuerrechts und damit nach AO § 33 AO steuerpflichtig. Neben ihn tritt aber gemäß AO § 34 AO als weiterer Steuerpflichtiger der Zwangsverwalter, der insoweit eigene Rechte und Pflichten hat.

(3) Die Unternehmensbereiche, die der Zwangsverwaltung unterliegen und die der Zwangsverwaltung nicht unterliegen, sind getrennt zu behandeln. Die Anordnung der Zwangsverwaltung führt zu einer Sonderung des beschlagnahmten Grundbesitzes von dem übrigen Vermögen des Schuldners. Die bei der Verwaltung dieses Sondervermögens von dem Zwangsverwalter begründeten Ansprüche gehören zu der Zwangsverwaltungsmasse. Die von dem Zwangsverwalter bei der Ausübung seines Amtes begründeten positiven und negativen Ansprüche sind von ihm bzw. gegen ihn geltend zu machen. Dies gilt auch für Ansprüche aus Berichtigungen nach UStG § 15 a oder UStG § 17, soweit sie die Zwangsverwaltungsmasse berühren. Eine Saldierung im Sinne von UStG § 18 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. UStG § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG beschränkt sich auf die jeweilige Vermögensmasse (BFH-Urteil vom 19. Dezember 1985, BStBl II 1986, S. 500). Die zur jeweiligen Zwangsverwaltungsmasse gehörenden Ansprüche können nicht mit Ansprüchen aufgerechnet werden, die das beschlagnahmefreie Vermögen betreffen. Ebenso ist es nicht zulässig, nachträglich als unrichtig erkannte Steuerfestsetzungen, die zuungunsten oder zugunsten des Vollstreckungsschuldners für die Zeit vor Eintritt der Zwangsverwaltung gegen ihn ergangen sind, mit Wirkung für oder gegen den Zwangsverwalter zu ändern oder sonst zu berücksichtigen.

(4) Der Zwangsverwalter hat, soweit seine Zwangsverwaltung reicht, Voranmeldungen (UStG § 18 Abs. 1 UStG) und Steuererklärungen (UStG § 18 Abs. 3 UStG) abzugeben, in denen er die Steuer selbst berechnet. Der Zwangsverwalter erhält eine eigene Steuernummer. Der Vollstreckungsschuldner hat Voranmeldungen und Steuererklärungen für den nicht der Zwangsverwaltung unterliegenden Bereich abzugeben. Entsprechend sind für beide Bereiche getrennte Bescheide gegen den (die) Zwangsverwalter bzw. gegen den Vollstreckungsschuldner zu erlassen. In Bescheiden an den Zwangsverwalter ist neben der Bezeichnung der der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstücke auch die Person des Vollstreckungsschuldners (Steuerschuldner) zu bezeichnen (Tz: 2.12 des BMF-Schreibens vom 8. April 1991 - IV A 5 - S 0284 - 1/91, BStBl I 1991, S. 398).

(5) Der Zwangsverwalter hat die Voranmeldungen und Steuererklärungen bei dem für den Grundstückseigentümer zuständigen Finanzamt abzugeben. Ob monatliche oder vierteljährliche Voranmeldungen abzugeben sind (UStG § 18 Abs. 1 und 2 UStG) und ob nach vereinbarten oder vereinnahmten Entgelten (UStG § 16 Abs. 1 Satz 1, UStG § 20) zu versteuern ist, richtet sich nach den Verhältnissen des Gesamtunternehmens des Grundstückseigentümers. Dies gilt auch hinsichtlich der Anwendung des UStG § 19 UStG.

(6) Folgende Fallgestaltungen sind zu unterscheiden:

  1. Die Zwangsverwaltung umfaßt die gesamte unternehmerische Tätigkeit des Steuerschuldners (Vollstreckungsschuldners)

    Beispiel:

    A ist Arbeitnehmer. Ihm gehört ein Grundstück, das steuerpflichtig vermietet und über das die Zwangsverwaltung angeordnet worden ist (§ 146 Abs. 1, § 20 ZVG).

    Soweit UStG § 19 Abs. 1 UStG keine Anwendung findet, hat der Zwangsverwalter Voranmeldungen abzugeben, in denen er die Steuer für die Voranmeldungszeiträume (UStG § 18 Abs. 1 und 2 UStG) selbst berechnet hat. Entsprechendes gilt für die Steuererklärung. Die Vorauszahlungsbescheide und der Jahresbescheid sind an den Zwangsverwalter als Verwalter des dem Vollstreckungsschuldner g...

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