Leitsatz

Ein Umlageschlüssel kann nicht schlüssig im Beschluss über die Einzelabrechnungen geändert werden. Schließt ein Wohnungseigentümer separate Verträge, wird auch dadurch der geltende Umlageschlüssel nicht schlüssig geändert.

 

Normenkette

§§ 16 Abs. 2, Abs. 3, 28 Abs. 1, Abs. 3 WEG

 

Das Problem

  1. In einer Wohnungseigentumsanlage gibt es 2 Gebäude. Das Vorderhaus umfasst 6.276/10.000 Miteigentumsanteile (MEA), das Hinterhaus 3.724/10.000 MEA. In der Abrechnung für das Jahr 2011 werden einzelne Betriebskosten getrennt nach Vorder- und Hinterhaus umgelegt. Auch die Kosten für die laufende Instandhaltung sowie die Instandhaltungsrückstellung werden getrennt nach Vorder- und Hinterhaus abgerechnet.
  2. Wohnungseigentümerin K geht gegen diese Abrechnung vor. Sie beantragt, den die Abrechnung genehmigenden Beschluss für ungültig zu erklären, soweit die Einzelabrechnungen genehmigt sind. Sie meint, der Verwalter habe falsche Umlageschlüssel genutzt. Die beklagten Wohnungseigentümer räumen ein, dass die Betriebskosten eigentlich nach den MEA zu verteilen gewesen wären. Sie meinen aber, mit der Genehmigung der Abrechnung seien zugleich die Umlageschlüssel geändert worden. Ferner machen sie geltend, die Abrechnung der Kosten für Müll, (Allgemein-)Strom und Kosten für Rauchwarnmelder, getrennt nach Vorder- und Hinterhaus, sei berechtigt gewesen, weil der Wohnungseigentümer, dessen Einheiten im Hinterhaus lägen, insoweit mit Dritten Verträge über eine gesonderte Abrechnung geschlossen habe. Die Kosten für die Gebäudereinigung sowie Glasbruch- und Gebäudeversicherung bezögen sich hingegen nur auf das Vorderhaus. Die Kosten für die Heizungswartung und das Wasser seien zwar über das Konto der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beglichen worden, seien aber allein von den im Hinterhaus gelegenen Einheiten verursacht worden.
  3. Wohnungseigentümerin K beantragt ferner, die anderen Wohnungseigentümer zu einer bestimmten Beschlussfassung im Hinblick auf die Sanierung ihrer Balkongeländer zu verurteilen bzw. hilfsweise gerichtlich eine entsprechende Maßnahme nach § 21 Abs. 8 WEG zu treffen.
 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg bei der Anfechtungsklage! Den Einzelabrechnungen liege in Bezug auf einen Teil der Betriebskosten (Müll, (Allgemein-)Strom, Kosten für Rauchwarnmelder, Glasbruch- und Gebäudeversicherung sowie Reinigung) ein Umlageschlüssel nach jeweils 6.276 MEA zugrunde. Hierbei handle es sich um die Miteigentumsanteile des Vorderhauses, sodass insoweit diese Kosten allein unter den Wohnungseigentümern der im Vorderhaus gelegenen Einheiten verteilt wurden. Die Kosten der Wartung der Heizung und der Warmwasserversorgung für das Hinterhaus seien hingegen allein unter den Wohnungseigentümern verteilt worden, deren Einheiten im Hinterhaus liegen. Diese Umlage weiche vom maßgeblichen Umlageschlüssel ab. Die Gemeinschaftsordnung ordne eine Umlage der Kosten für Heizung, Warmwasserversorgung, Hofflächen und Abstellplätze nach Miteigentumsanteilen an. Im Hinblick auf die übrigen Betriebskosten enthalte sie keine Regelung. Insoweit greife § 16 Abs. 2 WEG ein, wonach die Betriebskosten allerdings auch nach Miteigentumsanteilen umzulegen seien. Demgemäß hätten die betreffenden Betriebskosten nach 10.000 MEA und damit unter allen Eigentümern der Wohnungseigentumsanlage verteilt werden müssen.
  2. Die Zugrundelegung eines abweichenden Umlageschlüssels (6.276 MEA) lasse sich nicht damit rechtfertigen, die Wohnungseigentümer hätten mit der Genehmigung der Abrechnung für 2011 zugleich einen Beschluss gefasst, durch den die entsprechende Abänderung des Umlageschlüssels folge. Aus der Genehmigung einer Abrechnung könne nicht geschlossen werden, dass damit zugleich der in ihr zugrunde gelegte Umlageschlüssel genehmigt werde (Hinweis auf BGH v. 9.7.2010, V ZR 202/09, NJW 2010 S. 2654 Rn. 16). Aus Gründen der Klarheit sei für die Abänderung eines Umlageschlüssels eine ausdrückliche Regelung bzw. Beschlussfassung erforderlich.
  3. Der Idee des Amtsgerichts, diese Erwägungen kämen nicht zum Tragen, weil die zugrunde zu legenden Umlageschlüssel nur für die zur Abstimmung stehende Abrechnung geändert worden seien, sei nicht zu folgen. Denn es fehle auch dann an der notwendigen Transparenz, da sich ohne gesonderten Beschluss nicht hinreichend klar nachvollziehen lasse, aus welchen Gründen ein abweichender Umlageschlüssel zugrunde gelegt wurde. Zudem lasse sich die Zustimmung von Wohnungseigentümern zu einer zur Beschlussfassung vorgelegten Abrechnung nicht zugleich als Zustimmung zu einer Abänderung von in der Abrechnung zugrunde gelegten Umlageschlüsseln verstehen. Hierfür sei vielmehr eine ausdrückliche Beschlussfassung erforderlich. Anderenfalls sei davon auszugehen, dass vielen Wohnungseigentümern nicht einmal bewusst sei, dass mit der Genehmigung einer Abrechnung auch ein Beschluss über eine Abänderung des maßgeblichen Umlageschlüssels verbunden ist.
  4. Abgesehen von diesen Erwägungen widerspreche eine Abänderung des Umlageschlüssels für die Abrechnung 2011 zusammen mi...

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