Leitsatz

Das AG hatte eine vorübergehende Einschränkung des Umgangsrecht des Kindesvaters mit seinem 14-jährigen Sohn angeordnet. Seine Eltern waren geschieden. Er lebte in dem Haushalt seiner Mutter. Der seinerzeit noch 13-jährige Sohn bat in einem Brief an den Richter des AG darum, den Umgang mit seinem Vater auszusetzen. Sein Vater beschimpfe seine Mutter und auch seine Großeltern, mit denen der Sohn fast täglich Kontakt hatte. Das Umgangsrecht zwischen Vater und Sohn war detailliert geregelt. An einem "Vater-Wochenende" wollte der Sohn einen Tag früher mit seiner Mutter in die Türkei fliegen. Dies habe sein Vater nicht zugelassen. Im Übrigen werde er ihm gegenüber immer wieder aggressiv und beleidigend.

Die Mutter legte gegen den Beschluss des erstinstanzlichen Gerichts Beschwerde ein, mit der sie eine Aussetzung des Umgangsrechts des Vaters mit dem Sohn noch für die Dauer eines Jahres und sodann eine eingeschränkte Umgangsregelung begehrte. Der Verfahrenspfleger wandte sich gegen eine Aussetzung des Umgangsrechts und sah die Gefahr eines völligen Abbruchs des Kontakts zwischen Vater und Sohn.

Das Rechtsmittel der Mutter hatte keinen Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach lediglich eine vorübergehende Einschränkung des Umgangsrechts des Vaters mit seinem Sohn gerechtfertigt sei.

Eine weitergehende Einschränkung oder gar eine Aussetzung sei mit dem Kindeswohl nicht vereinbar. Der Vater habe nicht nur im Anhörungstermin, sondern auch in außergerichtlichen Schreiben an seinen Sohn deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er Fehler gemacht habe und um Besserung bemüht sei.

Zwar sei auch dem Senat klar, dass der Vater sich nicht von Grund auf ändern werde und es auch zukünftig zu Auseinandersetzungen und auch Missverständnissen zwischen Vater und Sohn kommen werde. Allerdings müsse auch der Sohn lernen, sich mit seinem Vater auseinanderzusetzen und den Konflikten mit ihm nicht aus dem Weg zu gehen.

Im Übrigen habe der Vater durch seine Erklärung, vorerst auf die Rechte aus dem Titel zu verzichten, erhebliches Entgegenkommen signalisiert und dem Sohn damit die Möglichkeit gegeben, von sich aus die Besuchskontakte wieder aufzunehmen.

Die derzeitige Blockadehaltung der Kindesmutter sei im Interesse des Sohnes nicht hinzunehmen, weil anderenfalls, wie von dem Verfahrenspfleger angeführt, die Gefahr eines völligen Kontaktabbruchs bestehe.

 

Hinweis

Eine lesenswerte Anmerkung zu dieser Entscheidung des OLG Celle findet sich in der FamRZ 2007, Seite 663 ff..

Die Verfasserin rügt zu Recht, dass eine umfassende Erörterung der entscheidungserheblichen Fragen und eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechte nicht erfolgt sei.

Wenn gegen den Willen des Kindes ein Umgangsrecht angeordnet werde, stelle dies einen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht dar, das mit dem Recht des Vaters aus Art. 6 GG abgewogen werden müsse.

Sie kritisiert ferner zu Recht die Zurückhaltung des OLG in Bezug auf die offensichtlich vorhandenen Erziehungsdefizite des Vaters.

 

Link zur Entscheidung

OLG Celle, Beschluss vom 02.05.2006, 10 UF 56/06

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