Gemäß Artikel 1 des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ, BGBl II 1990, 206), insoweit verbunden mit dem Europäischen Übereinkommen vom 20.5.1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechtsverhältnisses in Verbindung mit dem hierzu ergangenen Ausführungsgesetz (SorgRÜbkAG), werden unter den Vertragsstaaten des Abkommens bestimmte Regeln über die Rückgabe von Kindern aufgestellt, welche unter Verletzung einer Sorgerechtsentscheidung in ein anderes Land verbracht oder von dort nicht zurückgebracht werden.

Für die Entscheidung über einen Antrag, Anordnung und Zurückgabe eines Kindes zu treffen, ist nach § 5 SorgRÜbkAG (BGBl II 1990, 220) das Familiengericht örtlich zuständig, in dessen Bereich sich das Kind zur Zeit des Antragseingangs aufhält oder in dessen Bezirk (Gerichtsbezirk) ein Bedürfnis der Fürsorge besteht.

Nach § 6 Abs. 1 SorgRÜbkAG handelt es sich – auch für nichteheliche Kinder – um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Innerhalb dieses Verfahrens kann das zur Entscheidung berufene Gericht eine einstweilige Anordnung nach § 6 Abs. 2 SorgRÜbkAG treffen, deren Inhalt sich allerdings nicht auf die Herausgabe des Kindes selbst, sondern nur auf vorläufige Maßnahmen zur Sicherstellung des künftigen Rückführungsanspruchs oder zur Abwehr von Gefahrmaßnahmen etwa hinsichtlich der Behandlung des betroffenen Kindes durch Ärzte im Krankenhaus etc. beziehen darf.

Da regelmäßig die einstweilige Anordnung im Ausland vollstreckt werden soll, ist auch die vorläufige Entscheidung des Gerichts zu begründen und entgegen § 53 FamFG wegen einer möglichen Vollstreckung im Ausland mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen.[1]

Die vorläufige Entscheidung des Gerichts ist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 SorgRÜbkAG unanfechtbar. Es ist im Verfahren darauf zu achten, dass seitens des Gerichts gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SorgRÜbkAG die sofortige Vollziehung angeordnet wird.[2]

Gem. der EG-Verordnung Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 (EheVO II) über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (unter Aufhebung der Verordnung EG Nr. 1347/2000) sind für die Rechtsbeziehungen zwischen EU-Mitgliedstaaten zwischenzeitlich die Regelungen in Artikel 10, 11 EheVO II vorrangig, welche die Regelungen über die Kindesrückgabe in den Artikeln 12, 13 HKÜ modifizieren.

 
Hinweis

Abschnitt 2 "elterliche Verantwortung" regelt und modifiziert zwischen den EU-Mitgliedstaaten in Artikel 10 EheVo II die Zuständigkeit in Fällen von Kindesentführung, in Artikel 11 EheVO II die Einzelheiten zur Rückgabe des Kindes.[3]

[1] Muster einer Vollstreckungsklausel bei Rahm-Schneider, III Rn. 613; zur internationalen Zuständigkeit vgl. BGH, FuR 2002, 510 ff.
[2] Zentrale Stelle ist seit 2007 das Bundesamt für Justiz in 53113 Bonn, Adenauerallee 99–103 (Art. 2 HKÜ i. V. m. § 3 SorgRÜbkAG – vgl. Erklärung v. 5.9.1990; BGBl II 1991, 392).
[3] Vgl. Horndasch/Viefhues/Hohloch, FamFG, § 97 Rn 10. Die EheVO II gilt in Deutschland seit dem 1.3.2005 zwischen den EU-Mitgliedstaaten (Ausnahme Dänemark).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge