Leitsatz

Die Ehefrau begehrte im Wege der einstweiligen Anordnung nachehelichen Unterhalt mit der Begründung, sie könne wegen der Betreuung eines 3-jährigen gemeinsamen Sohnes, der bis mittags den Kindergarten besucht, nur einer Teilzeitbeschäftigung mit 15 Wochenstunden nachgehen. Das OLG hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit bei der Möglichkeit einer Ganztagsbetreuung im Kindergarten bis 16.00 Uhr zumutbar ist. Gegenstand der Entscheidung war ferner die Frage, welchen Einfluss in diesem Zusammenhang die angebotene Betreuung durch den Kindesvater und eine in dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Ehevertrag enthaltene Regelung über Kindesbetreuung und über die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit der Kindesmutter hat.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, der Ehefrau stehe gemäß §§ 1361, 1570 Abs. 1 und 2, 1573 Abs. 2 BGB Trennungs- bzw. nachehelicher Ehegattenunterhalt in von ihr geltend gemachter Höhe - zuletzt 984,00 EUR monatlich - zu.

Es verwies auf die Regelung des § 1570 Abs. 1 BGB, wonach sich der Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus verlängere, solange und soweit dies der Billigkeit entspreche. Hierbei seien die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

Daneben komme gemäß § 1570 Abs. 2 BGB eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs des betreuenden Elternteils über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus auch dann in Betracht, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspreche. Bei der Prüfung des Vorliegens solcher elternbezogener Gründe für eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs sei zu beachten, ob der dem betreuenden Elternteil verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde.

Nach Auffassung des OLG bestand eine Obliegenheit der Antragstellerin zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit neben der Betreuung des Kindes der Parteien nicht. Sie sei lediglich verpflichtet, ihre Wochenarbeitszeit auf 25 Stunden aufzustocken. Eine Vollzeitbeschäftigung führe wegen der sonstigen noch verbleibenden Aufgaben anderenfalls zu einer unzumutbaren Belastung.

Das Angebot des Kindesvaters, die Kindesbetreuung an Werktagen zu übernehmen, stehe dem nicht entgegen, da sowohl das Aufenthaltsbestimmungs- als auch das Umgangsrecht zwischen den Parteien umstritten sei. Es sei mit dem Kindeswohl nicht vereinbar, wenn durch eine Unterhaltsregelung wirtschaftliche Zwänge begründet würden, die keinen Spielraum mehr für eine dem Kindeswohl entsprechende Regelung der elterlichen Sorge und des Umgangs zuließen.

Aus der Erklärung der Ehefrau im Ehevertrag, ihre Tätigkeit wieder aufnehmen zu wollen, lasse sich ebenfalls keine Verpflichtung zu einer Vollzeittätigkeit ableiten, da in die Präambel des Vertrages ausdrücklich aufgenommen worden sei, dass die Ehefrau eine Teilzeit- oder Ganztagstätigkeit ausüben wolle. Hieraus sei zu entnehmen, dass sich die diesbezügliche Entscheidung an den Belangen des Kindes und der Mutter orientieren sollte.

Der Unterhaltsanspruch sei auch nicht wegen der kurzen Ehedauer verwirkt, weil bei der Bemessung der Ehedauer die Zeit zu berücksichtigen sei, in der der Unterhaltsberechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes Betreuungsunterhalt verlangen könne.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.08.2008, 3 UF 124/08

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