Rz. 50

Eine staatliche Mitwirkung im eigentlichen Sinne gibt es im Gründungsverfahren nicht mehr. Früher gab es eine Genehmigung durch das Industrie- und Handelsministerium, die entfallen ist. Allerdings führt das Handelsministerium (Ticaret Bakanlığı)[41] die Fach- und Rechtsaufsicht über die Handelsregister, die bei den Handelskammern geführt werden (Art. 24 ff. HGB). Damit haftet es neben den Kammern auch für fehlerhafte Eintragungen. Kammern sind zwar Körperschaften des öffentlichen Rechts ("berufsständische Vereinigungen mit der Natur von Körperschaften des öffentlichen Rechts", Art. 135 TV), jedoch keine staatlichen Behörden. Art. 210 HGB verdeutlicht allerdings die "Hintergrundaktivitäten" des Staates im Zusammenhang mit der Gründung und Tätigkeit von Handelsgesellschaften, indem die Norm das Handelsministerium dazu ermächtigt, im Rahmen und auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften alle Belange des Gesellschaftsrechts durch den Erlass von Verordnungen und Runderlassen zu regeln. Dies bedeutet für die Praxis, dass die Entwicklungen auf dieser normenhierarchischen Ebene genau verfolgt werden müssen. Denn die Umsetzung von Gesetzesrecht durch verwaltungsrechtliche Vorschriften ist häufig mehr durch Bürokratismus geprägt als am Interesse der Betroffenen an Flexibilität und wirtschaftlicher Freiheit ausgerichtet. Gegen solche Allgemeinverfügungen bzw. Erlasse und Verordnungen ist der Rechtsweg zum Staatsrat gegeben.

 

Rz. 51

Erlaubnispflichten können im Zusammenhang mit der Gründung von Gesellschaften in bestimmten Bereichen bestehen, etwa in einer Freihandelszone. Solche Erlaubnisse betreffen allerdings nicht das Gründungsverfahren als solches, sondern die Aufnahme einer Tätigkeit in einem bestimmten Territorium oder zu einem bestimmten Zweck (Betriebserlaubnis zur Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit in einer Freihandelszone, für ein Kraftwerk u.a.). Es geht hier also in Wirklichkeit um Betriebserlaubnisse.

 

Rz. 52

Bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Eintragung und Einwänden gegen die Entscheidungen des Handelsregisters ist die am Sitz des Registers örtlich zuständige Kammer für Handelssachen (asliye ticaret mahkemesi)[42] wo eine solche nicht gegeben ist: Zivilkammer) zuständig, die nach Aktenlage zu entscheiden hat (Art. 34 Abs. 1 HGB). Die Anträge sind innerhalb von acht Tagen nach Zustellung der anzufechtenden Entscheidung zu stellen.

[41] https://ticaret.gov.tr. Das Ministerium hat in den letzten Jahren zweimal die Bezeichnung gewechselt: Industrie- und Handelsministerium, Zoll- und Handelsministerium.
[42] Siehe oben zum Gerichtssystem.

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