Rz. 106

Nach der neuen Rechtslage ist es nunmehr möglich, dass ein Erbe durch Vertrag mit dem Erblasser auf seinen Erbteil verzichtet (§ 1484 ZGB). Der Erbverzicht erstreckt sich auch auf die Abkömmlinge, sofern die Beteiligten nicht etwas anderes vereinbaren. Der Verzicht auf den Erbteil umfasst auch den Pflichtteil. Der Verzichtende verzichtet auf sein Erbrecht im Ganzen, unabhängig vom Rechtsgrund. Dies bedeutet, dass der Verzicht auch einen Zuwendungsverzicht umfasst. Eine testamentarische oder erbvertragliche Zuwendung an den Verzichtenden, die zeitlich vor dem Verzicht getätigt worden ist, wird durch den Verzicht aufgehoben.[21]

 

Rz. 107

Der Erbverzicht kann allgemein oder zugunsten einer anderen Person erfolgen. Im letzteren Fall ist der Verzicht nur wirksam, wenn die begünstigte Person auch tatsächlich Erbe wird. Ein Verzicht nur auf den Pflichtteil ist ebenfalls zulässig. Das gesetzliche oder testamentarische Erbrecht bleibt dann bestehen. Obwohl es im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist, geht die Gesetzesbegründung davon aus, dass sich ein Erbverzicht und Pflichtteilsverzicht auch nur auf einen Teil des Erbrechts bzw. des Pflichtteils beziehen kann. Der Verzicht kann auch unter einer Bedingung erfolgen.

 

Rz. 108

Der jeweilige Verzichtsvertrag muss notariell beurkundet werden. Für die Aufhebung hingegen genügt die Schriftform. Weitere Voraussetzungen sieht das Gesetz nicht vor. Soweit sich diesbezüglich Ansichten in der Literatur finden, gehen diese daher davon aus, dass die Abgabe des Verzichts auch durch einen gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertreter erfolgen könne. Auch ein Betreuer könne den Verzicht mit gerichtlicher Genehmigung erklären.[22]

 

Rz. 109

Der Verzicht kann mit oder ohne Gegenleistung erfolgen. Mit dem Verzicht können Gläubiger des Verzichtenden benachteiligt oder ausgeschlossen werden und daher geht es um eine Rechtshandlung, die von den Gläubigern angefochten werden (Begehren der Feststellung der Unwirksamkeit) kann (§ 590 ff. ZGB).

[21] Šešina, in: Švestka/Dvořák/Fiala/Šešina/Wawerka, Občanský zákoník, komentář, Band IV, § 1484 ZGB S. 40.
[22] Šešina, in: Švestka/Dvořák/Fiala/Šešina/Wawerka, Občanský zákoník, komentář, Band IV, § 1484 ZGB S. 41.

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