Rz. 98

Sowohl beim Pflichtteilsberechtigten als auch beim Erben findet eine Anrechnung statt. Diese kann jedoch grundsätzlich nicht dazu führen, dass der Anrechnungsverpflichtete etwas zurückzugeben hat. Im ungünstigsten Fall erhalten also ein Erbe oder ein Pflichtteilsberechtigter nichts aus dem Nachlass. Bei der Anrechnung ist stets der Wert zum Zeitpunkt der Übergabe der Sache zugrunde zu legen. In außerordentlichen Fällen kann das Nachlassgericht etwas anderes anordnen.

a) Anrechnung auf den Pflichtteil

 

Rz. 99

Auf den Pflichtteil anzurechnen ist alles, was der Berechtigte aus dem Nachlass tatsächlich erwirbt. Ferner sind alle Schenkungen anzurechnen, die der Berechtigte in den letzten drei Jahren vor dem Tod des Erblassers erhalten hat, gewöhnliche Schenkungen ausgenommen. Der Erblasser kann anordnen, dass auch Schenkungen, die länger als drei Jahre zurückliegen, anzurechnen sind. Handelt es sich bei den Schenkungen um Zuwendungen des Erblassers, die dieser getätigt hat, um einem Abkömmling die Begründung eines eigenen Haushalts, die Begründung einer Ehe oder den Berufseinstieg zu erleichtern, findet die Anrechnung auch dann statt, wenn die Zuwendung länger als drei Jahre zurückliegt, es sei denn, der Erblasser hat ein anders bestimmt. Die gleiche Regelung gilt auch für die Tilgung von Verbindlichkeiten eines volljährigen Abkömmlings. Es bleibt dem Erblasser immer unbenommen, die Anrechnung auf den Pflichtteil gänzlich auszuschließen.

b) Anrechnung auf den Erbteil

 

Rz. 100

Die Anrechnung auf den Erbteil findet sowohl bei der gesetzlichen als auch bei der testamentarischen Erbfolge statt, wenn der Erblasser dies in Form eines Testaments bestimmt hat. Das Gericht kann auch bei einer fehlenden Anordnung des Erblassers eine Anrechnung auf den Erbteil anordnen, wenn ansonsten ein Pflichtteilsberechtigter unangemessen benachteiligt würde.

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