Leitsatz

Der eheangemessene Selbstbehalt liegt zwischen dem angemessenen und dem notwendigen Selbstbehalt. Der BGH hatte sich in seiner Entscheidung mit der Frage auseinanderzusetzen, ob dies für die Trennungszeit auch dann gilt, wenn die Unterhaltsberechtigte ein minderjähriges Kind betreut.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um den Trennungsunterhalt für die Zeit ab Mai 2005. Aus ihrer im Jahre 1982 geschlossenen Ehe waren zwei in den Jahren 1988 und 1990 geborene Kinder hervorgegangen, deren Unterhalt durch Jugendamtsurkunden tituliert ist.

Die Trennung der Parteien erfolgte im April 2005. Sie lebten auch nach der Trennung in dem ihnen als Miteigentümern gehörenden Einfamilienhaus. Der Beklagte erzielte neben seinen Einkünften als Elektroingenieur Einnahmen aus Verpachtung. Die Klägerin war Ingenieurin für Elektroenergieanlagen und ließ sich während der Zeit des Zusammenlebens der Parteien zur Reiseverkehrskauffrau umschulen. Als solche war sie nur zeitweilig tätig. Zuletzt arbeitete sie bis Ende 2005 im Rahmen einer Geringverdienertätigkeit. Seit Anfang April 2006 war sie arbeitslos. Aufgrund einer Rheumaerkrankung war sie mit einem Grad der Behinderung von 40 % schwerbehindert.

Das FamG hat den Beklagten zu Unterhaltszahlungen in wechselnder Höhe verurteilt und den Unterhalt bis März 2007 befristet. Auf die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung hat das OLG den Beklagten zu höherem Unterhalt verurteilt, zuletzt ab April 2007 i.H.v. 493,00 EUR monatlich. Eine Befristung hat das OLG nicht vorgenommen. Hiergegen richtete sich die zugelassene Revision des Beklagten. Sein Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG Naumburg als Vorinstanz war davon ausgegangen, der Selbstbehalt sei mit Rücksicht auf die Belange der Kindesbetreuung auf den notwendigen Selbstbehalt zu begrenzen. Dieser Auffassung hat der BGH eine klare Absage erteilt.

Auch wenn in der Zeit vor Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform die Ansprüche der minderjährigen Kinder einerseits und der die Kinder betreuenden Ehefrau andererseits nach § 1609 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. gleichrangig gewesen seien, liege ein wesentlicher Unterschied in der gesteigerten Unterhaltspflicht ggü. minderjährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 BGB. Diese erkläre sich daraus, dass die Kinder wegen ihres Alters von vornherein nicht selbst für die Deckung ihres Unterhaltsanspruchs sorgen könnten, was für geschiedene oder getrennt lebende Ehegatten nicht in gleichem Maße gelte. Daher sei es geboten, den Selbstbehalt ggü. dem Unterhaltsanspruch des Ehegatten mit einem Betrag zu bemessen, der nicht unter dem notwendigen, aber auch nicht über dem angemessenen Selbstbehalt liege. Es sei zulässig, den Ehegattenselbstbehalt im Regelfall pauschal in der Mitte zwischen den beiden Selbstbehalten anzusiedeln.

 

Hinweis

Der Selbstbehalt des erwerbstätigen unterhaltsverpflichteten Ehegatten ggü. der getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten beläuft sich nach der Rechtsprechung des BGH in der Regel auf 1.000,00 EUR (Mittelwert zwischen 900,00 EUR notwendigem und 1.100,00 EUR angemessenem Selbstbehalt). Dieser Selbstbehalt gilt im Übrigen auch ggü. dem Anspruch des Kinder betreuenden nicht verheirateten Elternteils aus § 1615l Abs. 2 BGB.

Der BGH setzt seine bisherige Rechtsprechung zum Ehegattenselbstbehalt fort. Grundlegend hierzu war die Entscheidung vom 15.3.2006 (XII ZR 30/04 in FamRZ 2006, 683 ff.), in welcher gebilligt wurde, dass der Tatrichter den Selbstbehalt ggü. dem geschiedenen Ehegatten mit einem Betrag etwa in der Mitte zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt ansetzt. Bereits in dieser Entscheidung hatte der BGH klargestellt, dass dies sowohl für den nachehelichen Unterhalt als auch für den Trennungsunterhalt gelten müsse. Zwar fehle beim Trennungsunterhalt eine dem § 1581 BGB entsprechende Norm. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebiete aber eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift, da sich auch der Anspruch auf Trennungsunterhalt an der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen auszurichten habe.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 17.12.2008, XII ZR 63/07

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