Rz. 14

Der Arbeitgeber hat den Sachverhalt in eigener Verantwortung zu prüfen, wozu grundsätzlich auch die Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers notwendig ist.

Das Initiativrecht des Betriebsrats nach § 104 BetrVG schafft keinen neuen Kündigungs- oder Versetzungsgrund, sondern setzt einen solchen voraus. Es müssen also die in § 104 BetrVG niedergelegten Voraussetzungen für ein berechtigtes Entlassungsverlangen erfüllt sein, jedoch nicht die nach dem KSchG (BAG, Urteil v. 28.3.2017, 2 AZR 551/16). Ist das Verlangen unberechtigt, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit allen zumutbaren Mitteln vor Nachteilen schützen, es sei denn, dies wäre ihm wegen einer erheblichen Gefährdung oder Vernichtung des Betriebs nicht zumutbar.[1] Ggf. muss der Arbeitgeber versuchen, den Betriebsrat zu einer Rücknahme des Antrags zu bewegen. Aber auch der betroffene Arbeitnehmer muss nach Möglichkeit zu einer friedlichen Lösung des Konflikts beitragen, indem er freiwillig das Angebot des Arbeitgebers, ihn auf einem anderen gleichwertigen Arbeitsplatz zu beschäftigen, annimmt.[2]

 

Rz. 14a

Ist das Verlangen des Betriebsrats berechtigt, ist die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt. Aufgrund der materiellen Rechtskraftwirkung (§ 322 Abs. 1 ZPO) der Entscheidung des Arbeitsgerichts im Beschlussverfahren nach § 104 Satz 2 BetrVG steht zwischen den Parteien (§ 325 Abs. 1 ZPO) rechtskräftig fest, dass der Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet ist, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Dies begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Der Arbeitgeber ist betriebsverfassungsrechtlich und zur Vermeidung eines Zwangsgeldes für jeden Tag der Zuwiderhandlung (§ 104 Satz 2, 3 BetrVG) gezwungen, der Verpflichtung nachzukommen. Es handelt sich um einen Umstand, der ihm keine andere zumutbare Reaktionsmöglichkeit lässt.[3]

 

Rz. 15

Kommt der Arbeitgeber dem Verlangen des Betriebsrats nach einer Kündigung nach, ist eine Anhörung nach § 102 BetrVG nicht mehr erforderlich[4] Verlangt der Betriebsrat die Kündigung oder Versetzung eines Funktionsträgers i. S. d. § 103 Abs. 1 BetrVG, liegt hierin die Zustimmung nach § 103 Abs. 2 BetrVG. Bei einer Versetzung in einen anderen Betrieb des Unternehmens ist allerdings das Beteiligungsrecht des dortigen Betriebsrats zu beachten. Ist der Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag nicht verpflichtet, der Versetzung Folge zu leisten, kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen, die weder eine Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bzw. § 102 BetrVG erfordert, wenn der Arbeitgeber dem Vorschlag des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers auf einen konkreten Arbeitsplatz entspricht[5] Weicht der Arbeitgeber dagegen vom Vorschlag des Betriebsrats, an den er nicht gebunden ist, ab, sind die Beteiligungsrechte nach § 99 BetrVG und § 102 BetrVG zu beachten.[6]

 
Hinweis

Beachte:

Kommt der Arbeitgeber dem Versetzungsverlangen des Betriebsrats auf einen bestimmten Arbeitsplatz nach, gilt die Zustimmung gem. § 99 Abs. 1 BetrVG als erteilt.

[1] Fitting, § 104 Rz. 10.
[2] Fitting, § 104 Rz. 10; DKKW/Bachner, § 104 Rz. 9.
[6] DKKW/Bachner, § 104 Rz. 7.

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