Jede Form der Tierhaltung führt zu Geruchsemissionen. Das gilt vor allem für die landwirtschaftliche Tierhaltung mit großen Beständen. Der überwiegende Teil der Geruchsstoffe stammt von den Exkrementen, insbesondere bei deren Zersetzung. Daneben können Körpergerüche durch Ausdünstungen der Tiere und Gerüche durch das Zersetzen von Futter auftreten. Beeinträchtigungen durch Gerüche aus Viehställen treten vorwiegend bei Hühner-, Schweine- und Kälbermastställen auf. In der Rinderhaltung ergeben sich dagegen nur selten Umweltprobleme, da die Exkremente von Rindern erheblich geringeren Eigengeruch als Hühner- oder Schweinemist haben.

Von entscheidender Bedeutung für die Geruchsentwicklung sind zahlreiche Vorgänge bei der Umsetzung chemischer und biologischer Prozesse im Stall und bei der Dunglagerung. Es wechseln Oxidations- und Reduktionsvorgänge in komplizierten Reaktionsabläufen. Die stinkenden Endprodukte sind Amine, Merkaphane, organische Säuren, Schwefelwasserstoff, Ammoniak und vieles andere mehr.[1]

Die Intensität der Gerüche und der Grad der empfundenen Belästigung brauchen nicht unbedingt in Abhängigkeit voneinander zu stehen. Nachbarschaftliche Beziehungen, Meinungsbildung von Einzelpersonen oder Gruppen und viele andere subjektive Komponenten spielen bei der Empfindung und Feststellung einer Belästigung eine sicherlich nicht zu unterschätzende Rolle. Wie dem auch sei, in einer Zeit wachsender Sensibilisierung der Bevölkerung für Umweltfragen verschärfen sich auch die Probleme, die sich aus der Beeinträchtigung durch Geruchsbelästigungen im Nebeneinander von Landwirtschaft und Wohnen ergeben. In besonderer Deutlichkeit zeigt sich dies beim Aufeinandertreffen von Wohnbebauung und Schweinehaltung – und zwar unabhängig davon, ob sich der Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks gegen einen landwirtschaftlichen Betrieb wendet oder ob sich der Landwirt seinerseits gegen eine heranrückende Wohnbebauung zur Wehr setzt.

Erfassung und Bewertung der Geruchsimmissionen

Schwierigkeiten bereitet die Erfassung und Bewertung der Geruchsimmissionen, die sich weitestgehend den für anderweitige Immissionen entwickelten physikalisch-chemischen Messverfahren entziehen. Gerüche sind schließlich weitgehend nur subjektiv feststellbar.

Die landwirtschaftliche Tierhaltung äußert sich in zwei Haltungsformen, zum einen in Form der agrarindustriellen Intensivtierhaltung mit großen Beständen und zum anderen in der bäuerlichen Tierhaltung mit kleineren Beständen. Dies auseinanderzuhalten, ist wichtig für den Nachbarschutz.

[1] Vgl. hierzu Hötzel in AgrarR 1978, 57

2.1 Intensivtierhaltung

Ställe für die Intensivtierhaltung unterliegen den Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Ihre Errichtung und wesentliche Änderung sind nach diesem Gesetz genehmigungspflichtig. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens können die betroffenen Nachbarn ihre Rechte in Form von Einwendungen geltend machen.

2.2 Bäuerliche Betriebe

Die Ställe bäuerlicher Betriebe mit geringeren Bestandszahlen unterliegen nicht dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Ihre Errichtung und bauliche Veränderung sind baugenehmigungspflichtig nach Maßgabe der Bauordnungen der Bundesländer. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens können sich die Nachbarn durch Widerspruch gegen den Baugenehmigungsbescheid und Anfechtungsklage zur Wehr setzen.

Bestand und herannahende Wohnbebauung

Während die Nachbarn bei der Errichtung und baulichen Änderung von Ställen für die landwirtschaftliche Tierhaltung ausreichend ihre Rechte wahrnehmen können und entweder durch öffentliche Bekanntmachung (bei immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtigen Ställen) oder durch das Erfordernis der Nachbarunterschrift (bei baugenehmigungspflichtigen Ställen) auch rechtzeitig informiert werden, ist das bei vorhandenen Ställen, an die langsam die Wohnbebauung heranrückt, nicht der Fall. Hier liegen die eigentlichen Probleme.

2.3 Antrag auf nachträgliche Anordnungen

Nach öffentlichem Recht hat der betroffene Nachbar die Möglichkeit, bei der Immissionsschutzbehörde den Erlass nachträglicher Anordnungen nach § 17 BImSchG (bei Intensivtierhaltungen) bzw. nach § 24 BImSchG (bei baugenehmigungspflichtigen Ställen) zu beantragen, wenn er nicht den kostspieligen Weg der Zivilklage wählt. Ohne die Hinzuziehung eines Sachverständigen (etwa des TÜV) kommen Sie in solchen Fällen nicht aus. Dafür ist die Materie zu kompliziert.

 
Hinweis

Faustregeln

Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) bis 30.11.2021 – Seit 1.12.2021: Anlage 7 zu TA Luft

Als Faustregel zur Prüfung, ob Sie Erfolg haben, konnte man sich bis 30.11.2021 an der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI)[1] orientieren. In dieser Richtlinie wurde umfassend geregelt, wann eine Geruchsbelästigung als schädliche Umwelteinwirkung (und damit als wesentliche Einwirkung i. S. des § 906 BGB) anzusehen ist. Die GIRL (Geruchsimmissionsrichtlinie) wurde im Rahmen der Novellierung der TA Luft, die am 1.12.2021 in Kraft getreten ist, als Anhang 7 vollumfänglich in diese integriert. Anhang 7 der TA Luft enthält seithe...

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