Rz. 46

Das Arbeitsgericht entschied nach der bis zum 31.3.2008 geltenden Rechtslage in einem gesonderten Beschluss über den Antrag auf nachträgliche Zulassung. Der Gesetzgeber hat im Rahmen einer Novellierung arbeits- und sozialgerichtlicher Vorschriften den bisherigen § 5 Abs. 4 KSchG neu gefasst und die Vorschrift um einen neuen Abs. 5 ergänzt.[1]

 

Rz. 47

Nach der seit 1.4.2008 geltenden neuen Fassung des § 5 Abs. 4 KSchG ist der Antrag auf nachträgliche Zulassung nunmehr mit dem Verfahren über die Klage zu verbinden (Satz 1). Das Arbeitsgericht verhandelt und entscheidet somit grds. gemeinsam über die Frage der nachträglichen Zulassung und über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses; die Entscheidung ergeht durch ein Endurteil (sog. Verbundverfahren). Ziel des Gesetzgebers ist die Straffung und Beschleunigung des Kündigungsschutzverfahrens entsprechend der besonderen Prozessförderungspflicht nach § 61a ArbGG.[2] Die Novellierung verändert nicht die inhaltlichen Anforderungen an eine nachträgliche Klagezulassung oder gar den materiell-rechtlichen Kündigungsschutz.

 

Rz. 48

Allerdings kann das Arbeitsgericht zunächst auch nur den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung verhandeln und entscheiden (Satz 2). Der Gesetzgeber eröffnet so die Möglichkeit, über "schwierige tatsächliche oder rechtliche Fragen" gesondert zu klären.[3] Eine solche Vorabentscheidung setzt einen (nicht anfechtbaren) Beschluss voraus und ergeht als Zwischenurteil. Dieses Zwischenurteil kann – abweichend vom gesetzlichen Regelfall (§ 303 ZPO) – wie das Endurteil über eine Kündigungsschutzklage selbstständig angefochten werden (Satz 3). Die Entscheidung über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergeht zu einem späteren Zeitpunkt als Schlussurteil.[4]

 

Rz. 49

§ 5 Abs. 4 KSchG eröffnet jedoch nicht die Möglichkeit einer Feststellungsklage zur Frage, ob die Klage überhaupt verspätet eingereicht wurde. Ist der Zeitpunkt der Klageeinreichung strittig, so ist dies als Vorfrage im Zulassungsverfahren aufzuklären.[5]

 

Rz. 50

Der Antrag auf nachträgliche Klagezulassung kann unzulässig oder unbegründet sein. Unzulässigkeit liegt vor, wenn der Antrag nicht innerhalb der 2-wöchigen Antragsfrist oder erst nach Ablauf der 6-monatigen Ausschlussfrist gestellt wird; ferner, wenn keine Tatsachen zur Entschuldigung der Verspätung vorgetragen oder keine Mittel zu ihrer Glaubhaftmachung bezeichnet werden.[6] Der Antrag ist unbegründet, wenn die vorgebrachten Tatsachen nicht ausreichen, um die Verspätung der Klage zu entschuldigen, oder wenn diese Tatsachen nicht glaubhaft erscheinen.[7] In beiden Fällen weist das Arbeitsgericht den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zurück und – ggf. in einem separaten Endurteil – die Kündigungsschutzklage ab.[8]

 

Rz. 51

Die Novellierung des § 5 Abs. 4 KSchG eröffnete neue Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts: Sowohl ein Endurteil als auch ein Zwischenurteil können unter den allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen mittels einer Berufung zum Landesarbeitsgericht (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und einer Revision zum BAG (§ 72 Abs. 1 ArbGG) überprüft werden.

Berufungsberechtigt können – je nach dem, zu wessen Lasten die Entscheidung ergangen ist – sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer sein. Das Rechtsmittel ist binnen einer Frist von einem Monat ab Zustellung des Urteils entweder beim Arbeitsgericht oder beim Landesarbeitsgericht einzulegen und binnen eines weiteren Monats zu begründen (§ 66 ArbGG). Die Berufungsfrist läuft indessen nur, wenn das Urteil eine Rechtsmittelbelehrung enthält. Das Landesarbeitsgericht entscheidet dabei – anders als nach der bisherigen Rechtslage – nicht mehr durch Beschluss des Vorsitzenden, sondern ebenfalls durch Urteil.

 

Rz. 52

Eine höchstrichterliche Stellungnahme zu den Streitfragen im Rahmen des § 5 KSchG war nach früherem Recht nicht möglich, da eine Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte als unzulässig galt.[9]

 

Rz. 53

Nach der jetztigen Fassung des § 5 Abs. 5 KSchG entscheidet das Landesarbeitsgericht nicht nur als Berufungsinstanz über eine nachträgliche Klagezulassung. Das Landesarbeitsgericht ist vielmehr auch zuständig, wenn der entsprechende Antrag erstmals in der 2. Instanz gestellt wird oder das Arbeitsgericht nicht über den Antrag entschieden hat. Nach früherer Rechtslage musste das Landesarbeitsgericht in diesen Fällen das erstinstanzliche Urteil aufheben und das Verfahren an das Arbeitsgericht zurückverweisen.[10] Derartige Zurückverweisungen werden nun vermieden, um die Entscheidung über eine nachträgliche Klagezulassung zu beschleunigen.[11]

 

Rz. 54

Das Landesarbeitsgericht entscheidet auch in diesen Fällen nicht durch Beschluss des Vorsitzenden, sondern in der Kammerbesetzung durch Urteil. Dabei verweist § 5 Abs. 5 Satz 2 KSchG auf § 5 Abs. 4 KSchG; das Landesarbeitsgericht kann daher – je nach Komplexität der tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte – ebenfalls wählen, ob es das Verfahren über die nachträgliche Klagezulassung mit dem Verfa...

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