Rz. 724

Als weitere Überbrückungsmaßnahmen und mildere Mittel im Vergleich zur Beendigungskündigung werden die Arbeitsstreckung oder das Arbeiten auf Vorrat diskutiert.[1] Sie stellen, wenn bei Ausspruch der Kündigung nicht feststeht, dass der Arbeitskräfteüberhang nur von vorübergehender Natur ist, jedoch keine ebenso geeignete Maßnahme dar, um einen Personalüberhang abzubauen. Durch das Strecken vorhandener Arbeit wird die Produktivität und Leistungsfähigkeit des Betriebs geschwächt. Ein solcher Eingriff in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit kann nicht mit dem ultima-ratio-Grundsatz gerechtfertigt werden. Gleiches gilt für das Arbeiten auf Vorrat.[2] Steht andererseits allerdings fest, dass der Beschäftigungsbedarf bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wieder anlaufen wird, fehlt es an einer ausreichenden Negativprognose, sodass eine betriebsbedingte Kündigung ausscheiden muss. Dem Arbeitgeber ist es dann grundsätzlich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zuzumuten, die Arbeitsmenge auf eine größere Zahl von Arbeitnehmern zu verteilen, als dies betrieblich erforderlich wäre.[3] Steht im Übrigen fest, dass der Arbeitskräfteüberhang nur vorübergehender Natur ist, stellt sich vorrangig die Frage, ob die Kündigung dringend erforderlich ist. Denn bei einer vorhersehbaren vorübergehenden Bedarfsschwankung fehlt es häufig bereits an betrieblichen Kündigungsgründen.

[1] MünchArbR/Kreft, § 115 Rz. 117; ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rz. 237; Preis, NZA 1998, 449, 455.
[2] APS/Kiel, § 1 KSchG Rz. 539.

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