Rz. 559

Eine Kündigung kann personenbedingt gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer zu der geschuldeten Arbeitsleistung ganz oder teilweise für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum nicht mehr in der Lage ist. Dies kann bei einem nachträglich eingetretenen Entzug der für eine Berufsausübung erforderlichen öffentlich-rechtlichen Befugnis der Fall sein. Wenn der Arbeitgeber durch die Beschäftigung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, kann er vertraglich nicht zur Entgegennahme der angebotenen Arbeitsleistung gezwungen sein.[1]

Besteht für den Arbeitnehmer ein gesetzliches Beschäftigungsverbot schon bei Beginn des Arbeitsverhältnisses, wurde früher von der Nichtigkeit des Arbeitsvertrags ausgegangen, wenn die Berufsausübungserlaubnis gerade bezweckt, den Austausch von Arbeitsleistungen zu verhindern, z. B. bei der ärztlichen Approbation.[2] Unter der Geltung von § 311a BGB kann diese Auffassung allerdings nicht mehr aufrechterhalten werden. Vielmehr kann der Arbeitgeber in solchen Fällen auf eine personenbedingte Kündigung zurückgreifen.

 

Rz. 560

Eine personenbedingte Kündigung kann bei einer arbeitszeitrechtlich unerlaubten Beschäftigung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber wegen der Arbeit in einem weiteren Arbeitsverhältnis keinen erforderlichen Ersatzruhetag für Sonntagsarbeit nach § 11 Abs. 3 ArbZG gewähren kann.[3] Gemeinsam ist diesen Fällen, dass der Arbeitgeber durch die Beschäftigung gegen ein gesetzliches Verbot verstieße und deshalb nicht zur Entgegennahme der angebotenen Arbeitsleistung verpflichtet ist.

 
Hinweis

Der Arbeitgeber gerät im Fall eines gesetzlichen Beschäftigungsverbots nicht in Annahmeverzug.[4] Es mangelt in einem solchen Fall an der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers.[5]

 

Rz. 561

Ist allerdings bei objektiver Beurteilung in absehbarer Zeit davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die Berufsausübungserlaubnis in einem zumutbaren Zeitraum wiedererlangen kann, verlangt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer hierzu Gelegenheit gibt, bevor das Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Arbeitsplatz nicht ohne erhebliche Beeinträchtigung des Betriebsablaufs für den Arbeitnehmer freigehalten werden kann.[6]

[1] BAG, Urteil v. 21.4.2016, 2 AZR 609/15, AB BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 14.
[2] BAG, Urteil v. 3.11.2004, 5 AZR 592/03, AP BGB § 134 Nr. 25.
[3] BAG, Urteil v. 24.2.2005, 2 AZR 211/04, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 51.
[4] BAG, Urteil v. 28.9.2016, 5 AZR 224/16, AP BGB § 615 Nr. 150.
[5] BAG, Urteil v. 10.8.2022, 5 AZR 154/22, AP BGB § 615 Nr. 172.

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