3.1 Regelungsgehalt und Anwendungsbereich

 

Rz. 9

Die Generalklausel legt den Maßstab der Inhaltskontrolle fest: Bestimmungen in AGB sind unwirksam, wenn sie für den Vertragspartner eine Benachteiligung darstellen, diese gegen Treu und Glauben verstößt und sich bei der Interessenabwägung als unangemessen erweist. In ihrer Doppelfunktion bestimmt die Generalklausel einerseits allgemein den Rahmen, die Maßstäbe und die Rechtsfolge der Inhaltskontrolle; mithin ist sie auch für die Auslegung und Anwendung der Konkretisierungen des Abs. 2 und der Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB von Bedeutung. Andererseits stellt sie einen Auffangtatbestand für alle Fälle dar, die von den genannten Tatbeständen nicht erfasst werden. Hieraus ergibt sich auch die Prüfungsreihenfolge einer Klausel auf deren Wirksamkeit. Zunächst sind dabei die konkreteren §§ 308, 309 BGB zu prüfen, sodann § 307 Abs. 2 BGB und lediglich, wenn nach diesen Vorschriften – deren Rahmen stets durch § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB beeinflusst ist – eine Unwirksamkeit nicht vorliegt, ist anhand der Generalklausel eine Vertragsbedingung auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Die Darstellung im Rahmen dieser Kommentierung erfolgt entgegen der Prüfungsreihenfolge zur besseren Verständlichkeit entsprechend den aufsteigenden Paragrafen- und Absatznummern.

3.2 Tatbestandsmerkmale

3.2.1 Geschützter Personenkreis

 

Rz. 10

Die unangemessene Benachteiligung führt nur dann zur Unwirksamkeit der Klausel, wenn diese den Vertragspartner des Verwenders trifft. Eine Benachteiligung des Verwenders selbst löst damit die Unwirksamkeit nicht aus.

3.2.2 Benachteiligung

 

Rz. 11

Zur Feststellung einer Benachteiligung im Sinne der Vorschrift ist ein Vergleich zwischen der Rechtsstellung des Vertragspartners, die aufgrund der fraglichen Vereinbarung besteht, und der, die ohne die Vereinbarung bestehen würde, anzustellen.[1] Muss nach diesem Vergleich festgestellt werden, dass der Vertragspartner mit der Vereinbarung rechtlich schlechter steht als ohne sie, so liegt eine Benachteiligung vor. Weiter erforderlich ist es, dass die Benachteiligung von erheblicher Natur sein muss. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm, kommt jedoch bereits im Bericht des Rechtsausschusses klar zum Ausdruck.[2] Damit ist auf erster Stufe eine weitestgehend objektive Einschätzung der Vereinbarung anzustellen.

[1] Staudinger/Coester, § 307 BGB, Rn. 90.
[2] Rechtsausschuss BT-Drucks., 7/5422, S. 6.

3.2.3 Unangemessenheit und Interessenabwägung

 

Rz. 12

Weiterhin muss die Benachteiligung des Vertragspartners auch unangemessen sein. Die Rechtsprechung geht dann von Unangemessenheit aus, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren.[1] Dies ist anhand einer Interessenabwägung festzustellen. Für die Beurteilung der Unangemessenheit ist es erforderlich, die rechtlich anerkannten Interessen der Vertragspartner wechselseitig zu berücksichtigen und zu bewerten. Dabei sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten, sowie die Stellung der Klausel im Gesamtvertrag, ebenso wie kompensierende oder summierende Effekte.[2] Von einer Kompensation wird dann gesprochen, wenn eine nachteilige Klausel durch Vorteile im übrigen Vertrag ausgeglichen wird, wohingegen Summierung meint, dass eine einzelne Klausel für sich betrachtet keine unangemessene Benachteiligung darstellt, aber durch eine andere nachteilige Klausel derart verstärkt wird, dass sie durch ihr Zusammenwirken unwirksam werden.[3] Dabei ist zu beachten, dass nur konnexe, also in einem sachlichen Zusammenhang zueinander stehende Klauseln von entsprechend gleichwertigem Gewicht geeignet sind, eine solche zulässige Kompensation zu erbringen. In diesem Rahmen ist der gesamte Vertragsinhalt, also auch Individualteile/-vereinbarungen einzubeziehen.[4]

Die Beurteilung der Unangemessenheit ist damit wertender Natur.

3.2.4 Beurteilungsmaßstab

 

Rz. 13

Beurteilungsmaßstab zur Feststellung der Unangemessenheit ist dabei eine generelle, typisierende, vom Einzelfall losgelöste Betrachtungsweise. Zu berücksichtigen sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts. Zu prüfen ist, ob der Inhalt der Klausel generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt.[1]

3.2.5 Beurteilungskriterien

 

Rz. 14

Zur leichteren Überprüfbarkeit, ob eine Vertragsbedingung unangemessen ist, seien hier einige Kriterien aufgelistet. Dieser Katalog ist allerdings nicht abschließend, sondern soll lediglich als Orientierungshilfe dienen.

  • Die Art des Arbeitsverhältnisses, insbesondere dabei die Stellung des Arbeitnehmers, ist für die Beurteilung von Bedeutung. Anhand dieser Gesichtspunkte ergibt sich der anzulegen...

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