Rz. 8

Abs. 2 enthält eine Auslegungsregel. Verbleiben bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Zweifel, so gehen sie zulasten des Verwenders, d. h. des Arbeitgebers. Bevor die Zweifelsregelung angewendet wird, ist die Klausel auszulegen. Gegenüber der Auslegung individuell ausgehandelter Vertragsbedingungen gelten bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen leicht modifizierte Regelungen.

3.1 Allgemeine Auslegungsvorschriften

 

Rz. 9

Bevor eine Kontrolle einer Klausel nach den §§ 307 ff. BGB erfolgen kann, ist die Klausel auszulegen.[1]

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind.[2] Es ist somit ein objektiver Maßstab anzulegen. Auszugehen ist vom Wortlaut des Vertrags. Der konkrete Wille der Vertragspartner ist dagegen nicht entscheidend.[3] Sofern der Wortlaut mehrdeutig ist, kommt es also nicht darauf an, was die Parteien gewollt haben, sondern wie er aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Auf den Willen kommt es dann nur insofern an, als es der Wille verständiger und redlicher Vertragspartner ist.[4] Auch bei der Berücksichtigung des Regelungszwecks ist nicht auf den konkreten, von den vertragsschließenden Parteien angedachten Zweck abzustellen, sondern auf das, was typische und redliche Geschäftspartner mit der Regelung bezwecken würden.[5]

Trotz dieses objektiven Auslegungsmaßstabs kann es im Einzelfall auf den konkreten Willen der Vertragspartner ankommen. Voraussetzung ist, dass die Parteien übereinstimmend der streitigen AGB-Klausel eine andere Bedeutung beigemessen haben, als sich nach objektiver Auslegung ergibt. Es handelt sich dann um eine vorrangige Individualabrede i. S. d. § 305b BGB.[6]

 

Rz. 10

Bestehen mehrere Auslegungsmöglichkeiten, ist zunächst von der kundenfeindlichsten, hier also der arbeitnehmerfeindlichsten Auslegung auszugehen, da diese am ehesten zur Unwirksamkeit der Klausel nach §§ 307-309 BGB führt. Lediglich dann, wenn hierdurch keine Unwirksamkeit vorliegt, ist die kundenfreundlichste Auslegung maßgeblich.[7]

Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen unterliegt der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Bundesarbeitsgericht als Revisionsinstanz.[8]

3.2 Unklarheitenregel

 

Rz. 11

Die Unklarheitenregel legt fest, dass Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen. Der Arbeitgeber trägt damit das Risiko, dass die Klausel nicht in dem von ihm gewünschten Sinne ausgelegt wird. Erhält man somit nach der Auslegung kein eindeutiges, sondern ein mehrdeutiges Ergebnis, findet die für den Arbeitnehmer günstigere Auslegung Anwendung. Es müssen mindestens 2 vertretbare Auslegungen vorliegen und keine von diesen klar vorzugswürdig sein.[1] Es müssen erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen.[2] Allein die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Auslegungsergebnis zu kommen, ist für die Anwendung der Auslegungsregel nicht ausreichend.[3]

Ebenso wie das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion[4] dient die Unklarheitenregel dazu, den Arbeitgeber das Risiko der Unwirksamkeit einer Klausel voll und ganz tragen zu lassen. Er soll nicht durch eine ihm günstige Auslegungsmöglichkeit von der Verwendung grenzwertiger Klauseln profitieren. Seine Interessen müssen hinter denen seines Vertragspartners, des Arbeitnehmers, zurücktreten. Will der Arbeitgeber die Anwendung der Unklarheitenregel vermeiden, liegt es in seiner Hand, die Klausel klar und unmissverständlich zu formulieren.

 

Rz. 12

Kein Fall des § 305c Abs. 2 BGB ist es, wenn 2 widersprüchliche Klauseln vorliegen. Die Klauseln sind dann intransparent i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und schon aus diesem Grund unwirksam.[5]

§ 305c BGB ist nicht anwendbar, wenn keine Zweifel an der Auslegung bestehen.[6] Verweist ein Arbeitsvertrag auf die jeweils geltenden Bestimmungen der Tarifverträge, finden diese in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung. Begleitumstände, wie die Übersendung eines nicht mehr aktuellen Tarifvertra...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge