Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung in A 1.5.5 AKB 2008 bedeutet, dass grundsätzlich alle Schäden an Sachen, die in dem verunfallten Fahrzeug "befördert", also mitgenommen, werden, von dem Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, sofern keine Ausnahme nach A 1.5.5 Satz 2 und Satz 3 AKB 2008 eingreift.

2. Unter "Befördern" ist nicht nur der Transport zu unternehmerischen Zwecken zu verstehen, sondern auch, wenn das Fahrzeug im privaten Bereich als Transportmittel verwendet wird.

3. Für die Anwendung des Ausschlusstatbestands genügt, wenn das Fahrzeug auch zum Transport bzw. zur Mitnahme von Sachen, etwa von Gepäckstücken, genutzt wird.

4. Bei einem im Wohnwagen mitgeführten elektrisch betriebenen Rollstuhl mit einem Gesamtgewicht von über 40 kg handelt es sich nicht um eine Sache, die "Insassen eines Fahrzeugs üblicherweise mit sich führen" im Sinne von Satz 2 der Klausel A 1.1.5 AKB 2008.

5. Der Versicherungsnehmer, der den Rollstuhl für eigene Zwecke mitführte, ist als Fahrer des verunglückten Kraftfahrzeugs keine beförderte Person im Sinne von Satz 3 der Klausel 1.5.5 AKB 2008.

 

Normenkette

AKB 2008 A. 1.5.5

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Aktenzeichen 10 O 857/18)

 

Tenor

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 31.01.2019, Az. 10 O 857/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des Landgerichts Erfurts vom 31.01.2019, Az. 10 O 857/18, ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Klägerin begehrt von der beklagten Versicherung Schadensersatz für einen elektrisch betriebenen Rollstuhl des Herstellers C. mit elektrischem Zusatzantrieb Typ "Z", der bei einem Verkehrsunfall des Versicherungsnehmers der Beklagten in dessen Wohnwagen beschädigt worden war.

I. Von der Darstellung des Tatbestands wird abgesehen (§ 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO).

II. Der Klägerin steht kein Anspruch aus § 7 Abs. 1, § 8 Nr. 3 StVG, § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG auf Ersatz des geltend gemachten Schadens zu, da es sich bei dem Rollstuhl um eine Sache handelt, für die eine Versicherungsleistung durch die Klausel A 1.5.5 der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2008), die im Versicherungsvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihrem Versicherungsnehmer Anwendung findet, ausgeschlossen wurde.

1. Die Ausschlussklausel in A 1.5.5 AKB 2008 lautet:

"Kein Versicherungsschutz besteht bei Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen von Sachen, die mit dem versicherten Fahrzeug befördert werden.

Versicherungsschutz besteht jedoch für Sachen, die Insassen eines Kraftfahrzeugs üblicherweise mit sich führen (z.B. Kleidung, Brille, Brieftasche). Bei Fahrten, die überwiegend der Personenbeförderung dienen, besteht außerdem Versicherungsschutz für Sachen, die Insassen eines Kraftfahrzeugs zum Zwecke des persönlichen Gebrauchs üblicherweise mit sich führen (z.B. Reisegepäck, Reiseproviant). Kein Versicherungsschutz besteht für Sachen unberechtigter Insassen."

Diese Klausel ist als Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten aus Sicht und mit dem Horizont eines verständigen Versicherungsnehmers auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1994 - IV ZR 229/93 -, Rn. 9, juris; Klimke, in: Prölss/Martin, VVG, 30. Auf. 2019, Vorbemerkungen zu den AKB 2008 Rn. 1). Ein solcher Versicherungsnehmer wird diese Klausel ohne Weiteres so verstehen, dass grundsätzlich alle Schäden an Sachen, die in dem verunfallten Fahrzeug "befördert", also mitgenommen, werden, von dem Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, sofern keine Ausnahme aus A 1.5.5 Satz 2 und Satz 3 AKB 2008 eingreift.

2. Zwar stellt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine "beförderte Sache" keinen in der Rechtssprache fest umrissenen Begriff dar, jedoch verstehe ein Versicherungsnehmer unter dem Befördern einer Sache, dass diese mit Hilfe eines hierfür eingesetzten Transportmittels von einem Ort zum anderen gebracht wird (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1994 - IV ZR 229/93 - Rn. 9 f., juris). Der Vorgang der Beförderung besteht also in einer Handlung, die - objektiv - eine Ortsveränderung der Sache bewirkt, und die - subjektiv - mindestens in dem Bewusstsein vorgenommen wird, dass die Bewegung des Transportmittels zu einer Ortsveränderung der Sache führt (vgl. BGH, a.a.O.). Der Risikoausschluss erfasst daher nur Transportschäden, die durch den zweckgerichteten Einsatz eines Fahrzeugs als Transportmittel entstanden sind. Unter "Befördern" ist dabei nicht nur der Transport zu unternehmerischen Zwecken zu verstehen, sondern auch, wenn das Fahrzeug im privaten Bereich als Transportmittel verwendet wird (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 31. August 2000 - 2 U 553/00 - Rn. 7, juris). Daher genügt für die Anwendung des Ausschlusstatbestands zunächst, wenn das Fahrzeug auch zum Transport bzw...

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