Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehewohnung: Teilungsversteigerung während der Trennungszeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Qualifizierung als Ehewohnung hängt nicht davon ab, dass noch beide Ehegatten in der Wohnung leben. Sie behält ihren Charakter als Ehewohnung während der gesamten Trennungszeit. Das folgt auch aus der Regelung des § 1568a Abs. 2 BGB. Danach kann, wenn einer der Ehegatten Alleineigentümer des Grundstücks ist, auf dem sich die Ehewohnung befindet, der andere Ehegatte die Überlassung anlässlich der Scheidung nur dann verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden.

Können sich die Eheleute über den Verkauf der Ehewohnung nicht einigen, ist die Auflösung des Miteigentums nach den gesetzlichen Regelungen vorzunehmen. Das Gebot der ehelichen Rücksichtnahme gemäß § 1353 BGB steht der Teilungsversteigerung auch während der Trennungsphase nicht generell entgegen.

Auch für die Teilungsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung des gemeinschaftlichen Eigentums an einer Ehewohnung verbleibt es bei der vorzunehmenden Interessenabwägung und insoweit bei der bisherigen Rechtsprechung und Literatur.

Abzuwägen sind insbesondere folgende Kriterien: Stellung des Versteigerungsantrags in ehefeindlicher Absicht, die Notwendigkeit für den Antragsteller, eine neue angemessene Wohnung zu finden, besondere Fürsorgepflichten gegenüber einem psychisch oder physisch kranken Ehepartner, Fürsorgepflichten für gemeinsame Kinder, Dauer des Zusammenlebens im Familienheim, Angebot angemessener Ersatzwohnung, Dauer des Getrenntlebens.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 985, 1353, 1568 a Abs. 2; FamFG § 200; ZVG § 180

 

Verfahrensgang

AG Heilbad Heiligenstadt (Aktenzeichen 6 F 360/17)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Heilbad Heiligenstadt vom 05.01.2018 wird zurückgewiesen.

2. Dem Antragsgegner fallen die Kosten der Beschwerde zur Last.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit einer Teilungsversteigerung.

Die Beteiligten sind getrennt lebende Ehegatten; das streitig geführte Scheidungsverfahren ist seit 08.08.2016 rechtshängig. Die Antragstellerin ist in Rumänien geboren und besitzt die französische Staatsangehörigkeit, der Antragsgegner ist deutscher Staatsangehöriger. Sie haben am 09.11.1991 in Frankreich geheiratet. Gemeinsame Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Die Beteiligten sind Miteigentümer eines Anwesens in K., der ehemaligen Ehewohnung, aus der der Antragsgegner im Oktober 2015 ausgezogen ist. Die Antragstellerin hält einen Miteigentumsanteil von 2/3, der Antragsgegner von 1/3. Mit einem gerichtlichen Vergleich vom 27.09.2016 in einer Unterhaltssache haben die Beteiligten vereinbart, dass der Antragsgegner das Haus ab dem 28.09.2016 alleine nutzen darf. In erster Instanz war unstreitig, dass er am 27.09.2016 wieder in das streitige Anwesen eingezogen ist. Vor dem Amtsgericht M. betreibt der Antragsgegner die Teilungsversteigerung des Anwesens. Die Beteiligten haben am 06.11.1991 in Frankreich einen Ehevertrag geschlossen, mit dem sie unter anderem unter Bezugnahme auf Artikel 1536 bis 1541 des Code Civil Gütertrennung vereinbart haben. Seit 1995 hatten sie ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland.

Die Antragstellerin hat beantragt, festzustellen, dass die Teilungsversteigerung unzulässig ist. Sie hat die Auffassung vertreten, das Anwesen behalte den Charakter der Ehewohnung während der gesamten Trennungszeit. Entsprechend der Vereinbarung der Gütertrennung im Ehevertrag könne der Antragsgegner nicht alleine über die Ehewohnung verfügen.

Außerdem handele es sich bei dem Anwesen um die Hofstelle einer von beiden Beteiligten betriebenen landwirtschaftlichen GbR. Die Unzulässigkeit der Teilungsversteigerung wegen Fehlens einer Auseinandersetzung dieser GbR sei inzwischen beim Landgericht M. anhängig gemacht.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Er war der Auffassung, der Antrag sei schon unzulässig, der Rechtsweg zum Familiengericht sei nicht eröffnet. Einwendungen gegen die Anordnung der Teilungsversteigerung hätte die Antragstellerin nur binnen einer Notfrist von 14 Tagen erheben können. Er hat behauptet, die Antragstellerin habe bereits im September 2015 mitgeteilt, dass sie in P. "angekommen" sei. Bereits vor dem im gerichtlichen Vergleich vereinbarten Termin habe sie die Nutzung der ehemaligen Ehewohnung endgültig aufgegeben. Sie habe eine Rückkehrabsicht auch nicht binnen der 6-Monats-Frist dokumentiert. Die streitige Immobilie habe die Eigenschaft als Ehewohnung verloren.

Das Amtsgericht hat am 05.01.2018 die Teilungsversteigerung für derzeit unzulässig erklärt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen Bezug genommen auf die Entscheidung des BGH vom 28.09.2016 (Az.: XII ZB 487/15). Die Ehewohnung behalte diesen Charakter während der gesamten Trennungszeit unabhängig von der tatsächlichen Nutzung bei. Im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses des Amtsgerichts vom 05.01.2018 verwiesen.

Gegen dies...

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