Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhältnis getroffenen Kostenregelung in Vergleich zu bestehender rechtskräftige Kostengrundentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Senat folgt der in der Rechtsprechung vertretnen Auffassung, dass die Kostengrundentscheidung im Berufungsurteil nur dann weiter bestehen bleibt, wenn die Parteien dies ausdrücklich bestimmen, weil der Begriff der "Kosten des Rechtsstreits" grundsätzlich die Kosten aller Instanzen umfasst.

 

Normenkette

ZPO § 104

 

Verfahrensgang

LG Gera (Beschluss vom 08.11.2012; Aktenzeichen 3 O 121/10)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Gera vom 8.11.2012 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagten fallen die Kosten der Beschwerde zur Last.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 332 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die nach §§ 104 Abs. 3, 567 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Ohne Rechtsfehler hat das LG nach dem eindeutigen Wortlaut der Kostenregelung in dem am 3.9.2012 festgestellten Vergleich auch die Gerichtskosten zweiter Instanz ausgeglichen. Nach wie vor ist umstritten, wie zu verfahren ist, wenn einerseits ein Berufungsurteil mit einer rechtskräftigen Kostengrundentscheidung über einen Teil oder den Grund des Anspruchs vorliegt und die Parteien im nachfolgenden Verfahren einen abschließenden Vergleich schließen, mit dem sie die "Kosten des Rechtsstreits" quotenmäßig verteilen oder - wie vorliegend - bestimmen, dass sie gegeneinander aufgehoben werden. Nach einer Auffassung (z.B. OLG München, MDR 1982, 760; OLG Schleswig, JurBüro 1982, 445; Zöller/Herget, 29. Aufl., § 104 ZPO Rz. 21 Stichwort "Berufung") soll die rechtskräftige Kostenentscheidung im Berufungsurteil nur dann von der Kostenregelung im abschließenden Vergleich berührt werden, wenn dies im Vergleich ausdrücklich erwähnt ist. Nach der Gegenansicht (z.B. OLG Koblenz, JurBüro 2012, 428, m.w.N.) soll die Kostengrundentscheidung im Berufungsurteil nur dann weiter bestehen bleiben, wenn die Parteien dies ausdrücklich bestimmen, weil der Begriff der "Kosten des Rechtsstreits" grundsätzlich die Kosten aller Instanzen umfasst.

Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Gerade im Kostenfestsetzungsverfahren und gerade bei der Auslegung eines Vergleichs kommt dem Wortlaut eine entscheidende Bedeutung zu, weil in dem summarischen Verfahren Motive und Hintergründe bestimmter Regelungen kaum aufzuklären sind. Es mag sein, dass für die im Berufungsverfahren obsiegende Partei häufig keine Veranlassung bestehen wird, im abschließenden Vergleich auch die Kosten der Berufung anteilig zu übernehmen (so OLG Schleswig, a.a.O.), zu klären ist dies im Kostenfestsetzungsverfahren meist nicht. Im Übrigen kann es hierfür mannigfaltige Gründe geben, die nicht aktenkundig sein müssen. Vorliegend besteht immerhin die Besonderheit, dass sich die Gesetzeslage zwischen den Instanzen zugunsten des Klägers geändert hat. Dem OLG München (a.a.O.) ist auch zuzugestehen, dass die Beseitigung eines rechtskräftigen Vollstreckungstitels einen Verzicht erfordert. Dies führt aber nach Auffassung des Senats nicht dazu, dass der Begriff "Kosten des Rechtsstreits" schon deswegen nicht der Auslegung zugänglich sei.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Gegenstandswert wurde in Höhe des Kosteninteresses der Beklagten festgesetzt.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI4744538

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