Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksame Bürgschaftsklausel und ihre Folgen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der in AGB enthaltene Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gem. § 770 Abs. 2 BGB ist gem. § 307 BGB jedenfalls dann unwirksam, wenn der Ausschluss auch für den Fall gilt, dass die Gegenforderung des Hauptschuldners unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist.

2. Ist dies der Fall, ist die gesamte Klausel unwirksam, d.h. die Sicherungsvereinbarung selbst ist unwirksam mit der Folge, dass die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft unzulässig wird, für die eine entsprechende Sicherungsabrede besteht. Droht die unmittelbare Inanspruchnahme des Bürgen, kann dieser sich hiergegen auch mit einer einstweiliogen Verfügung wehren.

 

Normenkette

BGB § § 305 ff., §§ 307, 768, 770 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Beschluss vom 24.09.2009; Aktenzeichen 10 O 1354/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Erfurt, Einzelrichter, vom 24.9.2009 - 10 O 1354/09, abgeändert.

Die Antragsgegnerin zu 2. hat es zu unterlassen, die Bürgin, die VHV A. V. AG, vertreten durch den Vorstand, K.-Straße, 30177 Hannover, aus der Bürgschaft i.H.v. 31.930,53 EUR, Bürgschaftsnummer: LB082-9242271/002-08/01, in Anspruch zu nehmen;

Der Antragsgegnerin zu 2. wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 50.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 2 Monaten, im Wiederholungsfall insgesamt bis zu 6 Monaten angedroht.

Im Übrigen werden die sofortige Beschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten werden dem Antragsteller und der Antragsgegnerin zu 2. je zur Hälfte auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers tragen dieser selbst und die Antragsgegnerin zu 2. je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu 1. trägt der Antragsteller, die der Antragsgegnerin zu 2. diese selbst.

Der Beschwerdewert wird auf 10.643,51 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller erbrachte für die Antragsgegnerin zu 2. Werkleistungen. Grundlage der vertraglichen Leistungen war der in Kopie vorgelegte Generalunternehmervertrag zwischen den genannten Parteien. Die in diesem Vertrag enthaltenen Klauseln sind von der Antragsgegnerin zu 2. vorgegeben worden. Ferner ist von der Antragsgegnerin zu 2. dem Antragsteller als Muster der Inhalt einer gegebenenfalls zu stellenden Gewährleistungsbürgschaft vorgegeben worden (Blatt 46 d.A.).

Nach Abnahme der Werkleistungen kam es zwischen den genannten Parteien darüber zum Streit, ob ein massiver Wassereintritt im Objekt auf einen Werkmangel zurückzuführen sei, für den der Antragsteller einzustehen habe.

Da der Antragsteller auf dem Standpunkt steht, für den Mangel nicht verantwortlich zu zeichnen, wandte sich der Antragsgegner zu 1. für die Antragsgegnerin zu 2. mit Schreiben vom 24.8.2009 (Blatt 47 f. d.A.) an die VHV A. V. AG (künftig: VHV). Diese hatte entsprechend dem vorgegebenen Muster für die vertragsgemäße Leistung des Antragstellers der Antragsgegnerin zu 2. eine Bürgschaft mit einem Gesamtwert von 31.930,53 EUR zur Verfügung gestellt.

Der Antragsteller wurde seitens der VHV mit Schreiben vom 28.8.2009 (Blatt 49 d.A.) aufgefordert, bis zum 10.9.2009 umgehend geeignete Maßnahmen zur Abwendung der Inanspruchnahme zu ergreifen und/oder berechtigte und nachvollziehbare Einwendungen oder Einreden gegen die Inanspruchnahme mitzuteilen. Der Antragsteller forderte sodann mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 4.9.2009 die Antragsgegner auf, die Inanspruchnahme der VHV aus der Bürgschaft zu unterlassen. Der Antragsgegner zu 1. reagierte nicht, die Antragsgegnerin zu 2. teilte unter dem 7.9.2009 mit, an der Inanspruchnahme werde festgehalten.

Der Antragsteller meint, die Antragsgegner seien nicht berechtigt, die VHV wegen eines Kostenvorschusses in Anspruch zunehmen. Dem Antragsgegner zu 1. stehe dies schon deshalb nicht zu, weil die Bürgschaft nicht zu seinen Gunsten ausgestellt sei. Aber auch die Antragsgegnerin zu 2. könne nicht rechtlich zulässig die Bürgschaft in Anspruch nehmen, weil die Bürgschaftsverpflichtung unwirksam sei. Denn die laut Musterformular erstellte Bürgschaftserklärung verstoße gegen §§ 305 ff. BGB. Der hierin enthaltene Verzicht auf die Einrede der Vorausklage, der Anfechtung sowie Aufrechnung führe zur Unwirksamkeit der Bürgschaftserklärung. Erst jüngst habe die höchstrichterliche Rechtsprechung klargestellt, dass eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, die vorsehe, dass dieser einen Sicherheitseinbehalt nur gegen Stellung einer Bürgschaft einlösen könne, die den Verzicht auf sämtliche Einreden des § 768 BGB enthalte, unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit nichtig sei (BGH WM 2009, 1643 ff., zitiert nach juris).

Wegen der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Bürgschaft sei ein Verfügungsanspruch und wegen der Weigerung, die Inanspruchnahme der VHV aus der Bürgschaft zu unterlassen, ein Verfügungsg...

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