Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes bei hinausgeschobenem Ausbildungsbeginn

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt kann auch dann noch bestehen, wenn zwischen Schulabschluss (hier: Realschulabschluss) und der Aufnahme der Ausbildung sieben Jahre liegen, wenn der Unterhaltsberechtigte zwischenzeitlich vier Kinder bekommen und diese nach der Geburt betreut hat.

 

Normenkette

BGB § 1610 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Jena (Beschluss vom 23.12.2014; Aktenzeichen 43 F 751/14)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde

1. Der Beschluss des AG - Familiengericht - Jena vom 18.12.2014 wird abgeändert:

Der Antragstellerin wird für die Rechtsverfolgung vor dem AG ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin M., J., bewilligt.

Dem AG bleibt die gesonderte Überprüfung der Erfolgsaussichten für das Betragsverfahren, insbesondere zum Zeitpunkt, auf den bezogen die Antragstellerin rückwirkend Volljährigenunterhaltsansprüche geltend machen möchte (nach dem Antragsentwurf ist dies der 1.2.2014), vorbehalten.

2. Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung des Verfahrenswertes sind im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe nicht veranlasst.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, die am 25.1.1986 geboren ist, nimmt den Antragsgegner im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung, Belegvorlage und Zahlung des sich daraus ergebenden Unterhaltsbetrages ab dem 1.2.2014 in Anspruch und hat hierfür um Verfahrenskostenhilfe ersucht.

Die Antragstellerin hat zu ihrem Werdegang angegeben:

1992-1996

Staatliche Grundschule in G.

1996-2001

Regelschule in D.

2001-2002

Regelschule A.-B. in J.

2002-2003

Grundausbildungslehrgang zur Vorbereitung einer fortführenden Ausbildung bei der ÜAG in J.

2003-2004

Ausbildung zum Sozialbetreuer ohne Abschluss

2004-2006

Berufsfachschule Staatliches berufsbildendes Schulzentrum J. mit einem dem Realschulabschluss gleichwertigen Abschluss

3.6.2006

Geburt des Sohnes

19.9.2007

Geburt der Tochter

2-jährige Elternzeit mit beiden Kindern, danach neben der Kinderbetreuung ungelernte Tätigkeiten als Pflegeassistent in häuslicher Krankenpflege und in der Gastronomie (Bedienung)

23.1.2011

Geburt Tochter, bis August 2011 Elternzeit, danach neben Kinderbetreuung ungelernte Tätigkeit als Pflegeassistentin in der häuslichen Krankenpflege bis Januar 2012

Februar-Mai 2012

Stationärer Klinikaufenthalt wegen 4. Schwangerschaft

Ab Juni 2012 für Übergang bis zur Geburt 4. Kind Bezug ALG II

8.9.2012 26.8.2013 15.11.2014

Geburt Tochter, danach Elternzeit bis 26.8.2013

Im Anschluss: Beginn der jetzigen Lehre

Voraussichtlicher Geburtstermin 5. Kind 15.11.2014, geplante Unterbrechung der Ausbildung nur für Mutterschutz (6 Wochen vor/8 Wochen nach Geburt).

Die Antragstellerin hat vorgetragen, der gesamte Weg beinhalte keine unterhaltsrechtliche Obliegenheitsverletzung.

Die Teilnahme an einem berufsvorbereitenden Lehrgang oder einem Berufsgrundschuljahr sei berechtigt gewesen, nachdem die Antragstellerin nach der Schule 2002 keine Ausbildungsstelle gefunden habe, um ihre Ausbildungschancen zu erhöhen.

Die danach begonnene Ausbildung zur Sozialassistentin sei in der berechtigten Überlegungszeit nach einem Jahr abgebrochen worden. Danach habe sie den Realschulabschluss erlangt.

Im Anschluss seien die Geburten von vier Kindern erfolgt, wobei sie bei keinem Kind die Betreuungszeit von drei Jahren überschritten habe.

Sie erhalte nur Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr i.H.v. 299,38 EUR sowie eine kleine Berufsausbildungsbeihilfe gemäß dem beigefügten Berechnungsbogen. Der Betrag von 440 EUR enthalte insbesondere Kinderbetreuungskosten für zwei Kinder von jeweils 130 EUR, mithin 260 EUR, so dass noch ein Restbetrag von 180 EUR für die Antragstellerin verbleibe. Hiervon entfielen auf Fahrtkosten 86,67 EUR und auf Arbeitskleidung 12 EUR.

Dem Berechnungsbogen zur BAB sei zu entnehmen, dass sich der monatliche Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner auf 202,99 EUR belaufe; dieser werde ab Februar 2014 beziffert.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückzuweisen.

Er hat vorgetragen, er habe mit Schreiben vom 27.1.2014 Auskunft gegenüber der Bundesagentur für Arbeit bezüglich seiner Einkommensverhältnisse erteilt. Dies sei der Antragstellerin auch zur Kenntnis gegeben worden. Mit Schreiben vom 5.3.2014 habe er gegenüber den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin den Unterhalts- und Auskunftsanspruch abgelehnt, dies ausführlich begründet und im Übrigen auf die Auskunftserteilung gegenüber der Agentur für Arbeit verwiesen.

Er habe zunächst für die Antragstellerin Unterhalt gezahlt. Auch habe er sich um ihr erstes Kind gekümmert. Die Beteiligten seien im Jahr 2007 in Streit geraten. Aufgrund des beleidigenden und verletzenden Verhaltens der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner bestehe seit dem Jahr 2007 kein Kontakt mehr zwischen den Beteiligten.

Die Antragstellerin zeige deutlich, das...

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