Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Leistungsvoraussetzungen. Vorversicherungszeit. Rechtmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Der Senat erachtet die Regelungen des § 33 Abs 2 und 3 SGB 11 hinsichtlich des Erfordernisses einer Vorversicherungszeit und deren Erfüllung für einen Anspruch aus dem Bereich der sozialen Pflegeversicherung für vollständig und ausgewogen. Es ist nicht nur rechtlich unbedenklich, sondern zum Schutz der Versichertengemeinschaft vor finanzieller Überforderung sogar geboten. Die Regelung des § 33 Abs 3 SGB 11 kann auch nicht über ihren Wortlaut hinaus ausgelegt und der freiwillig aus der privaten in die soziale Pflegeversicherung gewechselte Antragsteller vom Erfordernis der Vorversicherungszeiten freigestellt werden.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 26. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt auch im Beschwerdeverfahren von der Antragsgegnerin die einstweilige Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I.

Der 1937 geborene Antragsteller war seit 2009 bei der … privat kranken- und pflegeversichert. Mit Bescheid des Landratsamts S.-R. vom 11. Juli 2014 wurde ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 mit den Merkzeichen G und B zuerkannt. Am 10. September 2014 beantragte er neben der Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung auch die Mitgliedschaft bei deren Pflegekasse, der Antragsgegnerin. Zur Begründung führte er aus, dass entsprechend den Informationen über Nachteilsausgleiche schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) innerhalb von 3 Monaten nach Feststellung der Schwerbehinderung der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung freiwillig beitreten könnten, wenn der Ehegatte in den letzten 5 Jahren vor dem Eintritt mindestens 3 Jahre versichert gewesen sei. Am 24. September 2014 kündigte der Antragsteller seine private Kranken- und Pflegeversicherung.

Mit Bescheid vom 29. September 2014 stellte die … fest, dass der Antragsteller ab 10. September 2014 freiwilliges Mitglied sei. Die Versicherung umfasse auch die soziale Pflegeversicherung bei ihrer Pflegekasse, der Antragsgegnerin. Außerdem setzte sie einen monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 239,87 € und zur Pflegeversicherung in Höhe von 31,72 € fest. Am gleichen Tag übersandte sie dem Antragsteller auch eine Mitgliedsbescheinigung.

Mit weiterem Bescheid vom 1. Oktober 2014 teilte die … dem Antragsteller auch für die Antragsgegnerin mit, dass ihr bei Bearbeitung des Antrages auf freiwillige Mitgliedschaft ab 10. September 2014 ein Fehler unterlaufen sei, der Antrag sei leider abzulehnen. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller am 8. Oktober 2014 Widerspruch, den die … auch für die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2014 zurückwies.

Der Antragsteller hat hiergegen am 19. Dezember 2014 vor dem Sozialgericht Meiningen (SG) Klage (Az.: S 16 P 2835/14) erhoben und gleichzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der er die Verpflichtung (u.a.) der Antragsgegnerin zur Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I begehrt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, durch die Beratung und Betreuung der Mitarbeiter der Antragsgegnerin habe er darauf vertrauen dürfen, dass der Versicherungsvertrag mit ihr zustande komme und auch kein neuer Antrag auf Pflegeleistungen erforderlich sei. § 33 Abs. 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) sei erweiternd auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden, da anderenfalls der Eintritt in die soziale Pflegeversicherung keinen Sinn habe. Die gebotene Interessenabwägung müsse unter Berücksichtigung des Gebots der Menschenwürde und des Sozialstaatsgebots dazu führen, dass zu seinen Gunsten entschieden werde.

Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten und hat vorgetragen, dass der Antragsteller bereits die gesetzlich erforderliche Vorversicherungszeit des § 33 Abs. 2 SGB XI nicht erfülle und somit - zumindest derzeit - keinen Anspruch auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung besitze. Nach § 33 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 SGB XI bestehe der Anspruch auf Leistungen, wenn der Versicherte in den letzten 10 Jahren vor der Antragstellung mindestens 2 Jahre als Mitglied versichert oder nach § 25 familienversichert gewesen sei. Nach § 33 Abs. 3 SGB XI seien bei Personen, die wegen des Eintritts von Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung aus der privaten Pflegeversicherung ausschieden, die dort ununterbrochen zurückgelegte Versicherungszeit auf die Vorversicherungszeit nach Abs. 2 anzurechnen. Der Antragsteller sei in den letzten 10 Jahren vor Antragstellung ausschließlich privat kranken- und pflegeversichert gewesen. Eine Anrechnung dieser Versicherungszeit nach 33 Abs. 2 SGB XI sei nicht möglich, da er nicht wegen Eintritts von Versi...

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