Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahrensgebühr. Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und Bedeutung der Angelegenheit. Fehlen einer Klagebegründung und Nichtbezifferung des geltend gemachten Anspruchs im Klageverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der durchschnittliche Umfang der anwaltlichen Arbeit orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens. Wird eine Klage nicht begründet, ist der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit grundsätzlich als unterdurchschnittlich einzuschätzen.

2. Wird mit der Klage nicht die Höhe des geltend gemachten Anspruchs beziffert und ergibt er sich auch nicht aus anderen Umständen, besteht im Festsetzungsverfahren kein Anlass hierzu Ermittlungen anzustellen oder eine durchschnittliche oder sogar überdurchschnittliche Bedeutung zu unterstellen (vgl LSG Erfurt vom 8.5.2012 - L 6 SF 466/12 B und vom 18.3.2011 - L 6 SF 1418/10 B = ASR 2011, 215).

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 13. November 2014 wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Altenburg (SG) streitig (S 20 AS 1584/11). Dort hatten sich die von der Beschwerdeführerin vertretenen vier Kläger gegen den Widerspruchsbescheid des beklagten … vom 28. März 2011 gewandt. In der Hauptsache ging es um die Ermittlung der Kosten der Unterkunft. Die Beschwerdeführerin kündigte eine Klagebegründung an, nahm Akteneinsicht und erklärte mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2011 hinsichtlich des Klägers zu 2) die Klagerücknahme. Mit Beschluss vom 16. Januar 2012 gewährte das SG den restlichen drei Klägern Prozesskostenhilfe (PKH)  ab 30. Mai 2011 und ordnete die Beschwerdeführerin bei. Nach einer Aufforderung des SG vom 25. April 2012, die für die Kläger beschwerenden Tatsachen und Beweismittel zu bezeichnen, nahm die Beschwerdeführerin die Klage am 31. Mai 2012 zurück.

Unter dem 23. Januar 2013 machte die Beschwerdeführerin für das Verfahren Gebühren in Höhe von 737,80 Euro geltend:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG

375,00 Euro

Erhöhung für 2 weitere Auftraggeber

nach Nr. 1008 VV-RVG

225,00 Euro

Post- und Telekommunikation

  20,00 Euro

Zwischensumme

620,00 Euro

Umsatzsteuer

117,80 Euro

Gesamtbetrag

737,80 Euro

Mit Beschluss vom 8. März 2013 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die Rechtsanwaltsgebühren auf 499,80 Euro fest und berücksichtigte die Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr (250,00 Euro), erhöht um 150,00 Euro. Zur Begründung gab sie an, aus den Unterlagen sei nicht ersichtlich, dass es sich um eine schwierige Materie gehandelt habe. Zudem habe die Beschwerdeführerin die erhöhte Gebühr nicht begründet.

Mit ihrer Erinnerung hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, die Erarbeitung des Sachverhalts sei mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden gewesen. Die Berechnung der Kosten der Unterkunft hätte die Sichtung umfangreicher Unterlagen erfordert. Der Beschwerdegegner hat sich der Berechnung der UdG angeschlossen.

Mit Beschluss vom 13. November 2014 hat das SG Altenburg die Erinnerung zurückgewiesen und die zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 499,80 Euro festgesetzt. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien durchschnittlich gewesen. Der von der Beschwerdeführerin vorgetragene hohe Aufwand sei den Akten nicht zu entnehmen. Die Bedeutung der Klage für die Kläger sei durchschnittlich, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse unterdurchschnittlich gewesen.

Gegen den am 19. November 2014 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 3. Dezember 2014 beim SG Altenburg Beschwerde eingelegt und vorgetragen, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien überdurchschnittlich gewesen. Bei den Klägern habe es sich um eine Bedarfsgemeinschaft mit wechselnden Anspruchsgrundlagen gehandelt. Sie habe die aus drei Bänden bestehende Veraltungsakte mit 905 Blatt durcharbeiten und inzident auch die Heizkosten von 2009 überprüfen müssen. Die Bedeutung für die Kläger sei hoch gewesen, denn es habe sich um laufende Leistungen zuzüglich Heizkosten als Einmalbedarf gehandelt. Dies sei insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass im November 2010 Heizkosten entstanden und der Winter vor der Tür stand. Die Einkommensverhältnisse der Kläger seien nicht unterdurchschnittlich gewesen. Der in der Hausgemeinschaft lebende Ehemann habe Einkommen aus Rente, die Kläger seien Eigentümer eines Eigenheims. Die in Bedarfsgemeinschaft lebende Tochter habe eigenes Einkommen gehabt.

Der Beschwerdegegner ist dem entgegengetreten und hat zur Begründung auf den Beschluss der Vorinstanz verwiesen.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 5. Dezember 2014) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt. Mit Beschluss vom 30. Januar 2014 hat der Senatsvorsitzende das Verfahren dem Senat übertragen.

II.

Anzuwenden ist das Rechts...

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