Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. beigeordneter Rechtsanwalt. dieselbe Angelegenheit bei mehreren Verfahren. eigenständige Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren hinsichtlich der Möglichkeit zur kostengünstigeren Rechtsverfolgung

 

Orientierungssatz

1. Der Senat folgt nicht der teilweise vertretenen Auffassung, wonach im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG aufgrund der Vorschriften der ZPO kein Raum für eine eigenständige Überprüfung in dem Sinn ist, ob die Rechtsverfolgung kostengünstiger in einem statt in mehreren Verfahren hätte erfolgen müssen (vgl auch LSG Erfurt vom 18.10.2018 - L 1 SF 1302/17 B).

2. Daraus, dass das Prozessgericht nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, Prozesskostenhilfe wegen mutwilliger Aufspaltung des Verfahrens in zwei Verfahren zu versagen, kann bereits deshalb keine Bindung im Festsetzungsverfahren hergeleitet werden, weil § 15 Abs 2 RVG ausdrücklich bestimmt, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann. Diese gebührenrechtliche Vorschrift würde leerlaufen, wenn man davon ausginge, dass im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Prüfung eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur kostensparenden Rechtsverfolgung nicht mehr vorgenommen werden dürfte.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 3. November 2017 wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Die statthafte und zulässige Beschwerde (vgl. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - RVG) ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Vergütung für die Verfahren S 17 AS 5348/11, S 17 AS 5536/11, S 17 AS 7879/11 und S 17 AS 7880/11 einheitlich auf 1.110,72 € festzusetzen ist. Auf die zutreffenden Gründe des Sozialgerichts wird in entsprechender Anwendung des § 142 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verwiesen. Das Sozialgericht hat in dem Beschluss zu Recht darauf hingewiesen, dass dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG vorliegt. Dem steht nicht entgegen, dass den Klägern vom Sozialgericht mit Beschlüssen vom 8. Februar bzw. 29. November 2012 in allen Verfahren PKH bewilligt worden war.

Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers war das Sozialgericht Nordhausen und ist auch der Senat im Beschwerdeverfahren nicht deshalb daran gehindert, die Hauptsacheverfahren als dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG anzusehen, weil in den jeweiligen Hauptsacheverfahren jeweils mit Beschlüssen vom 8. Februar bzw. 29. November 2012 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt worden ist. Der Senat (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2018 - L 1 SF 1302/17 B, juris) folgt insoweit nicht der teilweise in Rechtsprechung und Literatur (vgl. Landesarbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 26. Mai 2016 - 6 Ca 11/16, zitiert nach juris; Landesarbeitsgericht Nürnberg, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - 2 Ca 118/15, zitiert nach juris; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Auflage 2017, § 15 Rn. 23) vertretenen Auffassung, wonach im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG aufgrund der Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) kein Raum mehr für eine eigenständige Überprüfung in dem Sinne ist, ob die Rechtsverfolgung kostengünstiger in einem statt in mehreren Verfahren hätte erfolgen müssen.

Zutreffend an dieser Auffassung ist, dass der zuständige Richter gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt der Mutwilligkeit für eines der Verfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hätte ablehnen können. Dies schließt es aber nicht aus, im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG zu prüfen, ob dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG vorliegt. Der Urkundsbeamte und die im Festsetzungsverfahren zur Entscheidung berufenen Gerichte sind an die Bewilligung der PKH und die Beiordnung gebunden. Sie dürfen diese nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen. Sie haben sie vielmehr ungeprüft zur Grundlage der Festsetzung zu machen. Auch die Verfahrensgestaltung durch das Prozessgericht haben sie grundsätzlich der Vergütungsfestsetzung zugrunde zu legen. Daraus, dass das Prozessgericht nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, PKH wegen mutwilliger Aufspaltung des Verfahrens in zwei Verfahren zu versagen, kann aber bereits deshalb keine Bindung im Festsetzungsverfahren hergeleitet werden, weil § 15 Abs. 2 RVG ausdrücklich bestimmt, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann. Es handelt sich um eine gebührenrechtliche Vorschrift. Diese würde in Verfahren mit PKH - Bewilligung leerlaufen, wenn man mit der zitierten Rechtsprechung davon ausginge, dass im Falle der Bewilligung von PKH eine Prüfung eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur kostensparenden Rechtsverfolgung nicht mehr vorgenommen werden dürfte. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beinhaltet darüber hinaus - wie eine Kostengrundentscheidun...

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