Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Umfang der Überprüfung. reformatio in peius

 

Orientierungssatz

1. Gegenstand des Erinnerungs- und des Beschwerdeverfahrens nach § 56 RVG ist die gesamte Kostenfestsetzung, nicht nur die einzelne Gebühr. Begrenzt wird die Überprüfung allerdings durch den Antrag des Rechtsanwalts (vgl LSG Erfurt vom 9.10.2019 - L 1 SF 227/19 B = AGS 2020, 85). Über den ausdrücklich gestellten Antrag darf das Sozialgericht nicht hinausgehen.

2. Legt die Staatskasse keine weitergehende Beschwerde ein, führt der Grundsatz der reformatio in peius im Beschwerdeverfahren dazu, dass der vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzte Betrag nicht unterschritten werden darf.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 13. November 2019 aufgehoben und die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung für die Beschwerdegegnerin für das Verfahren S 15 AS 2200/15 auf 542,64 EUR festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

Die Beschwerde hat in vollem Umfang Erfolg. Das Sozialgericht war bereits aus Rechtsgründen daran gehindert, im Erinnerungsverfahren mehr als 542,64 EUR an Vergütung für das Verfahren S 15 AS 2200/15 festzusetzen. Denn die Beschwerdegegnerin hatte ihre Erinnerung im erstinstanzlichen Verfahren auf die Zuerkennung einer Vergütung in dieser Höhe beschränkt. Zwar hatte sie mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 13. Dezember 2017 die Festsetzung von Gebühren und Auslagen i. H. v. insgesamt 780,64 EUR und dabei hinsichtlich der Verfahrens- und Einigungsgebühr einen Betrag von jeweils 200,00 EUR geltend gemacht. Nachdem die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 30. Mai 2018 die Gebühren und Auslagen i. H. v. 423,64 EUR festgesetzt hatte (Verfahrens- und Einigungsgebühr jeweils i. H. v. 150,00 EUR) hat die Beschwerdegegnerin mit ihrer Erinnerung vom 21. Juni 2018 wörtlich beantragt,

den Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Gotha vom 30.05.2018 teilweise aufzuheben und die aus der Staatskasse zu erstattende Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 200,00 € sowie die zu erstattende Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in Höhe von 200,00 € festzusetzen.

Damit hat sie der Sache nach nur die Zuerkennung von weiteren Gebühren i. H. v. 100,00 EUR zzgl. 19% Mehrwertsteuer, insgesamt 119,00 EUR, geltend gemacht. Auch aus der Begründung der Erinnerung ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein weitergehendes Begehren. Damit war die Erinnerung der Beschwerdegegnerin im erstinstanzlichen Verfahren auf eine Festsetzung ihrer Vergütung auf 542,64 EUR beschränkt. Zwar ist Gegenstand des Erinnerungs- und des Beschwerdeverfahrens nach § 56 RVG die gesamte Kostenfestsetzung, nicht nur die einzelne Gebühr (Hartmann in Kostengesetze, 48. Auflage 2018, § 56 RVG Rdnr. 9). Begrenzt wird die Überprüfung allerdings durch den Antrag des Rechtsanwalts (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Oktober 2019, L 1 SF 227/19 B zitiert nach Juris). Über den ausdrücklich gestellten Antrag durfte das Sozialgericht nicht hinausgehen.

Mangels Einlegung einer weitergehenden Beschwerde durch die Staatskasse hatte der Senat nicht zu prüfen, ob die Vergütung mit 542,64 EUR korrekt festgesetzt worden ist. Bereits der Grundsatz der reformatio in peius führt dazu, dass im Beschwerdeverfahren mangels weitergehender Einlegung einer Beschwerde durch die Staatskasse dieser Betrag nicht unterschritten werden darf.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).

 

Fundstellen

RVGreport 2020, 301

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