Leitsatz (amtlich)

Bei der Kostenfestsetzung sind nur die vom erstattungspflichtigen Dritten tatsächlich geleisteten Zahlungen auf die Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV-RVG für die Tätigkeit eines im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwaltes auf die Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG anzurechnen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 4. September 2017 abgeändert und die dem Beschwerdeführer zu erstattende Vergütung aus der Staatskasse auf 669,38 Euro festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Sozialgericht (SG) Gotha anhängig gewesene Verfahren S 22 AS 3384/14. Der Kläger wandte sich mit der im Juli 2014 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2014 (Ablehnung von Leistungen aufgrund eines Antrags vom 16. März 2014) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2014. Nach Vorlage eines Bescheides vom 21. November 2014, mit welchem dem Kläger für die Monate August, November und Dezember 2014 Leistungen bewilligt wurden, bewilligte das SG mit Beschluss vom 15. Dezember 2015 dem Kläger ab dem 21. November 2014 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am gleichen Tage, der 31 Minuten dauerte, erklärte sich die Vertreterin des Beklagten bereit, an den Kläger 14,31 Euro nachzuzahlen. Der Rechtsstreit wurde daraufhin in der Hauptsache für erledigt erklärt und die Beklagte erklärte sich bereit, ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

Am 08. Januar 2016 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung der Vergütung wie folgt:

Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG

300,00 Euro

Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG

280,00 Euro

Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 Euro

19 % Umsatzsteuer nach 7008 VV-RVG

114,00 Euro

Summe 

714,00 Euro

Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 16. August 2016 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die zu erstattende Vergütung wie folgt fest:

Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG

300,00 Euro

abzgl. Gebühr Nr. 2302 VV-RVG zu 1/2

- 150,00 Euro

Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG

280,00 Euro

Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 Euro

19 % Umsatzsteuer nach 7008 VV-RVG

 85,50 Euro

Summe 

535,50 Euro

Die Urkundsbeamtin führte aus, dass die beantragte Mittelgebühr als angemessen anzusehen sei. Auf diese sei die hälftige Gebühr nach Nr. 2302 VV-RVG anzurechnen; insoweit sei die entstandene, nicht die tatsächlich erhaltene Gebühr zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Terminsgebühr sei ebenfalls die beantragte Mittelgebühr als angemessen anzusehen.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr könne nur insoweit vorgenommen werden, wie die Geschäftsgebühr auch tatsächlich gezahlt worden sei. Dies folge aus § 55 Abs. 5 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Gezahlt worden seien unstreitig nur 75 Euro entsprechend einem Viertel der Geschäftsgebühr aus dem Widerspruchsverfahren. Davon sei lediglich die Hälfte, also ein Betrag von 37,50 Euro anrechenbar.

Mit Beschluss vom 4. September 2017, zugestellt am 8. September 2017, hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen und zugleich die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG zugelassen. Auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG sei gemäß Vorbemerkung zu Nr. 3 Abs. 4 Satz 2 VV-RVG zutreffend die hälftige Geschäftsgebühr in Höhe von 150,00 Euro angerechnet worden. Die Auslegung des Erinnerungsführers, wonach die Anrechnung nur unter Berücksichtigung der von der Beklagten übernommenen Kosten in Höhe von 25 % also in Höhe von 37,50 Euro erfolgen dürfe, überzeuge nicht. Diese Auslegung stehe mit dem Wortlaut der Vorbemerkung zu Nr. 3 Abs. 4 Satz 2 VV-RVG, wonach die “entstandene„ und nicht die tatsächliche erstattete Geschäftsgebühr zur Hälfte anzurechnen sei, nicht im Einklang. Dem stehe auch die Vorschrift des § 55 Abs. 5 Satz 2 bis Satz 4 RVG nicht entgegen. Das Wahlrecht des Rechtsanwalts nach § 15 a Abs. 1 RVG sei nicht schon dann beschränkt, wenn eine Geschäftsgebühr für das Betreiben des Widerspruchsverfahrens entstanden sei, sondern nur, wenn wie hier eine entsprechende Zahlung auf die Geschäftsgebühr tatsächlich erfolgt sei.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 14. September 2017 zunächst direkt beim Thüringer Landessozialgericht Beschwerde eingelegt (L 6 SF 1115/17 B). Auf Hinweis des Thüringer Landessozialgerichts, dass die Einlegung der Beschwerde die Frist nach § 33 Abs. 7 Satz 3 RVG nicht wahre, hat der Beschwerdeführer am 23. Oktober 2017 diese Beschwerde zurückgenommen und mit Schriftsatz vom gleichen Tage beim Sozialgericht Gotha Beschwerde eingelegt. Von dem Beklagten seien unstreitig nur 75 Euro als Geschäftsgebühr aus dem Widerspruchsverfahren entsprechend der Kostenquote erstattet worden. Daher könne auch nur die Hälfte dieser tatsäch...

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