Verfahrensgang

KreisG Jena-Land (Urteil vom 18.02.1993; Aktenzeichen 2 Ca 225/92 a)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 18.02.1993 – Az.: 2 Ca 225/92 a – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um rechnerisch unstreitige Abfindungsansprüche der Klägerin aus einem Tarifvertrag.

Die Klägerin war seit 1967 bei den Rechtsvorgängern der Beklagten als Verkäuferin im Kaufhaus am K. bzw. E.-Versandhaus beschäftigt. Am 23./24.08.1990 schlossen die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Aufhebungsvertrag zum 30.09.1990 (Bl. 30 d. A.). Als Grund der Aufhebung war angegeben: „Übernahme durch die Firma … P. GmbH & Co.”. Die Klägerin arbeitete seit 01.10.1990 bei der Firma …. Am 13.10.1990 vereinbarte die Klägerin mit der Firma … einen Zeitarbeitsvertrag (Bl. 12, 13 d. A.), wonach sie für die Zeit vom 01.10.1990 bis 30.09.1991 als Verkäuferin eingestellt worden ist. Gemäß § 10 dieses Vertrages konnte das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. Am 08.07.1991 kündigte die Firma … das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin.

Am 14.08.1991 schlossen die Gesellschaft zur Privatisierung des Handels mbH und die DAG einen Tarifvertrag über die Qualifizierung und Milderung wirtschaftlicher Nachteile im Zusammenhang mit der Privatisierung. Dieser lautet, soweit vorliegend von Bedeutung, wie folgt:

„§ 2 Abs. 1: Der Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmer, die durch Arbeitnehmerkündigung oder einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag auf Veranlassung des Arbeitgebers vom 01.07.1990 bis 31.12.1990 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind und auf die der Tarifvertrag vom 06.02.1991 nicht anwendbar ist.

§ 3: Alle Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis gem. § 2 beendet worden ist und auf die nicht § 4 anzuwenden ist, erhalten eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von 25 % des Bruttomonatseinkommens pro anrechnungsfähigem Beschäftigungsjahr. Maßgebend ist das Einkommen, das der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezogen hat.”

Die am 05.08.1991 zwischen den Tarifvertragspartnern geregelten Hinweise zur Anwendung der Tarifverträge zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile im Zusammenhang lauten auszugsweise:

„2. Zum Abfindungsanspruch generell und einzelner Arbeitnehmergruppen Der Anspruch auf Zahlung der Abfindung setzt voraus, daß der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber betriebsbedingt gekündigt wurde bzw. auf Veranlassung des Arbeitgebers betriebsbedingt einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hat. Soweit es aus dem Text des Aufhebungsvertrages nicht hervorgeht, gilt als Veranlassung des Arbeitgebers auch, wenn der Arbeitgeber mündlich oder schriftlich die Arbeitnehmer aufgefordert hat, wegen der Anpassung an marktwirtschaftliche Strukturen sich einen Arbeitsplatz bei einem anderen Arbeitgeber zu suchen. Dem gleichgestellt ist auch, wenn auf Veranlassung des Arbeitgebers ein Überleitungsvertrag geschlossen wurde; es sei denn, die Überleitung erfolgte im Sinne des Übergangs des Arbeitsverhältnisses im Rahmen des Betriebsübergangs. Keinen Anspruch auf Abfindung haben Arbeitnehmer, die von sich aus gekündigt haben.”

Mit ihrer am 06.12.1991 beim Kreisgericht Jena – Kammer für Arbeitsrecht – erhobenen Klage hat die Klägerin von der Beklagten die Zahlung einer rechnerisch unstreitigen Abfindung in Höhe von 3.828,00 DM begehrt. Sie beruft sich insoweit auf den Tarifvertrag vom 14.08.1991 (im folgenden: GPH II TV). Denn der Aufhebungsvertrag sei in Anbetracht des Scheiterns einer Übernahme des HO-Kaufhauses am K. einschließlich des Personals abgeschlossen worden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie die aus dem Tarifvertrag vom 28.01.1991 bzw. 14.08.1991 festgelegte Abfindungssumme unverzüglich in Höhe von 3.828,00 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dem mit der Klägerin abgeschlossenen Aufhebungsvertrag komme lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Jedenfalls sei der Abfindungsanspruch wegen Übernahme des Beschäftigungsverhältnisses gem. § 613 a BGB ausgeschlossen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, die tarifvertraglichen Voraussetzungen für den Abfindungsanspruch seien gegeben, da die Klägerin betriebsbedingt auf Veranlassung der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet habe. Dieser Anspruch sei nicht wegen Übergang des Arbeitsverhältnisses im Rahmen eines Betriebsüberganges gem. § 613 a BGB ausgeschlossen, da hiernach nur bestehende Arbeitsverhältnisse übergehen könnten, während das Arbeitsverhältnis der Beklagten per Aufhebungsvertrag beendet worden sei. Das neue Arbeitsverhältnis mit … mit erheblichen Verschlechterungen für die Klägerin habe dagegen erst am 01.10.1990 begonnen. Dieser Aufhebungsvertrag sei auch nicht wegen Verstoßes gegen § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam, da diese Vorschrift lediglich zugunsten des A...

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