Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Wahrung einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist durch Klageerhebung. Wirksamkeit der Befristung von Ansprüchen eines Handlungsgehilfen auf Provisionsabrechnung und Buchauszug

 

Leitsatz (amtlich)

1. Soll eine einzelvertragliche Ausschlussfrist durch an sich nicht notwendige Klageerhebung gewahrt werden, gilt gem. §§ 167 I, 191, 192 ZPO iVm § 132 Abs. 1 S. 2 BGB der Zeitpunkt des Eingangs der Klage beim Gericht als fristwahrend, wenn die Klage demnächst zugestellt wird (Weiter-führung BAG 22.5.2014, 8 AZR 662/13; entgegen BAG 25.9.1996, 10 AZR 678/95).

2. Ansprüche eines Handlungsgehilfen auf Provisionsabrechnung und Buchauszug nach § 87 c HGB iVm §§ 59, 65 HGB unterfallen nicht einzelvertraglichen Ausschlussfristen. Diese sind insoweit unwirksam (§ 87 c Abs. 5 HGB).

 

Normenkette

ZPO § 167 Abs. 1; HGB § 87c

 

Verfahrensgang

ArbG Suhl (Entscheidung vom 05.08.2014; Aktenzeichen 1 Ca 1425/14)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Suhl vom 5.08.2014, 1 Ca 1425/14, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Zur Klarstellung wird der Tenor der Entscheidung in Ziffer 4 und 5 wie folgt neu gefasst:

4. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Abrechnungen zu erteilen in der Art und Weise, dass ihm für den Zeitraum 01.01.2011 bis 15.04.2014 schriftlich mitgeteilt wird, ob die von ihm vermittelten Geschäfte auf Vermietung oder Verkauf zurückgehen und jeweils mitgeteilt wird: Art, Name und Menge der verkauften oder vermieteten Maschinen bzw. den Mietzeitraum und Mietpreis, den Rechnungswert und den Zeitpunkt des Zahlungseinganges zum vermittelten Geschäft sowie die Namen der Kunden und die Provision.

5. Die Beklagte wird verurteilt für den Zeitraum 1.1.2011 bis 15.4.2014 einen Buchauszug über die vom Kläger verdienten Provisionen zu erteilen, welcher inhaltlich den Angaben wie zu Ziffer 4 des Urteils entspricht.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug über Vergütungsansprüche des Klägers für die Monate März und April 2014, über Ansprüche auf Erstattung von Spesen und Übernachtungskosten, Ansprüche auf Abrechnung von Provisionen für den Zeitraum 1.1.2011 bis 15.4.2014 sowie einen entsprechenden Buchauszug hierüber und über Ansprüche der Beklagten gegenüber dem Kläger auf Schadenersatz.

Der Kläger war im Zeitraum vom 1.9.2007 bis 15.4.2014 bei der Beklagten als Mitarbeiter im Verkaufsaußendienst tätig. Die Parteien vereinbarten im Arbeitsvertrag vom 27.8.2007 unter anderem ein Grundgehalt in Höhe von 3.050,00 € brutto sowie die Zahlung einer Provision in Höhe von 1 % pro verkaufter Maschine, 0,5 % für den Verkauf von Maschinen, welche über durch den Kläger betreute Händler bzw. Agenten verkauft wurden, 1,5 % Provision bei Verkauf an Neukunden, 3,0 % Provision bei Verkauf von sog. 450er Maschinen zum Listenpreis. Die Auszahlung der Provision sollte nach vollständigem Zahlungseingang des Rechnungsbetrages bzw. des Komplettpreises der Maschine/Anlage mit der nächsten Lohnabrechnung erfolgen. Die Provision sollte sich aus der tatsächlich eingegangenen Zahlung berechnen. Eine Teilauszahlung war nicht möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhaltes des Arbeitsvertrages wird auf die zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Blatt 6-8 d. A.) verwiesen.

Von Anfang an zahlte die Beklagte dem Kläger über die im Vertrag ausdrücklich geregelten Verkaufsprovisionen hinaus auch Provisionen bei Vermietung von Maschinen.

Am 27.2.2008 schlossen die Parteien eine Vereinbarung in der sie u. a. eine Verfallfrist regelten. Diese lautet:

"Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht und im Falle der Ablehnung durch die Gegenseite nicht innerhalb von drei Monaten eingeklagt werden."

Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf die zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Blatt 80 d. A.) verwiesen.

Am 15.3.2013 verursachte der Kläger einen Schaden an einem so genannten Vorbrecher. Er meldete diesen Schaden der Beklagten umgehend. Die ..... GmbH stellte der Beklagten für eine Reparatur zwischen dem 15.7. und 5.8.2013 einen Bruttobetrag in Höhe von 3.557,01 € in Rechnung, welchen die Beklagte beglich. Am 9.9.2013 schrieben sich der Kläger und eine Mitarbeiterin der Beklagten E-Mails darüber, wie der Schaden beglichen werden solle.

Mit Schreiben vom 14.3.2014 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 15.4.2014. Mit Schreiben vom selben Tage bestätigte die Beklagte den Erhalt der Kündigung und stellte den Kläger ausdrücklich unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit frei. Wegen der Einzelheiten des Kündigungsschreibens und des Freistellungsschreibens wird auf die zu den Akten gereichten Kopien hiervon (Bl. 10-12 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte zahlte dem Kläger für März 2014 und den Zeitraum 1. bis 15. April 2014 kein ...

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