Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung und Eingruppierung einer Arbeitsvermittlerin nach Übergang des Arbeitsverhältnisses von der Bundesagentur für Arbeit auf einen kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der als Vertragsrecht geltende Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) ist nach dem Arbeitgeberwechsel auf einen kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende gemäß § 6c Abs. 3 Satz 2 SGB II weiter anzuwenden und wird nicht gemäß § 6c Abs. 3 Satz 3 SGB II vom TVöD/VKA ersetzt.

2. Weder aus § 6c Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB II noch aus § 20 TV-BA ergibt sich ein Anspruch auf Fortzahlung der Funktionsstufe 1 für eine Abwesenheitsvertretung, wenn diese nach dem Arbeitgeberwechsel nicht mehr übertragen ist (§ 20 Abs. 5 TV-BA).

 

Normenkette

SGB II § 6c Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Sätze 2-3, Abs. 5 Sätze 1-2; TV-BA § 20 Abs. 5; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Suhl (Entscheidung vom 22.05.2014; Aktenzeichen 5 Ca 1881/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.12.2019; Aktenzeichen 4 AZR 197/17)

 

Tenor

A. Auf die Berufung beider Parteien und unter Zurückweisung beider Berufungen im Übrigen wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Suhl vom 22.05.2014, 5 Ca 1881/13, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ab 01.01.2012 die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden und der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 01.01.2012 eine Funktionsstufe 1 der Tätigkeitsebene IV zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu zahlen

- Vergütung für die Monate 12/2013 bis einschließlich 12/2015 in Höhe von 4.547,37 Euro brutto,

- Sonderzahlung für 2013 in Höhe von 147,07 Euro brutto,

- Sonderzahlung für 2014 in Höhe von 220,22 Euro brutto,

- Sonderzahlung für 2015 in Höhe von 280,49 Euro brutto.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

B. Die Kosten des Rechtsstreites hat die Klägerin zu 70% zu tragen, der Beklagte zu 30%.

C. Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob sich das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach dem von § 6 c Abs.1 S.1 SGB II angeordneten Übergang von der Bundesagentur für Arbeit (künftig: BA) auf den beklagten Landkreis weiterhin nach dem arbeitsvertraglich vereinbarten TV-BA bestimmt, und um Vergütung nach diesem Tarifvertrag. Hilfsweise geht es um die Eingruppierung nach dem TVöD/VKA.

Seit 01.07.1991 war die nicht tarifgebundene Klägerin bei der BA beschäftigt. Auf den zuletzt maßgeblichen Änderungsvertrag vom 12.06.2006 wird Bezug genommen (Bl.11/12 d. A.). Danach bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem TV-BA in der jeweils geltenden Fassung. Die Eingruppierung in die Tätigkeitsebene IV ist vereinbart.

Mit Schreiben der BA vom 30.04.2007 (Bl.13 d. A.) wurde der Klägerin ab 01.01.2007 die der Tätigkeitsebene IV zugeordnete Tätigkeit einer Arbeitsvermittlerin (U25/Ü 25) im Bereich SGB II in der ARGE Sch....-M...... übertragen. Neben dem Festgehalt nach Tätigkeitsebene IV erhielt sie für diese Tätigkeit als weiteren Gehaltsbestandteil die Funktionsstufe 1 und wegen späterer Übertragung der Abwesenheitsvertretung des Teamleiters im Bereich SGB II eine weitere Funktionsstufe 1. Ihr Bruttomonatsgehalt belief sich zuletzt auf 3.818,80 Euro. Es setzte sich zusammen aus dem Festgehalt nach Tätigkeitsebene IV Entwicklungsstufe 6 in Höhe von 3.430,00 Euro und 2 Funktionsstufen 1 in Höhe von jeweils 194,40 Euro.

Anstelle der BA ist der Beklagte seit 01.01.2012 nach § 6 a SGB II zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende (sog .Optionskommune). Über den von § 6 c Abs.1 S.1 SGB II angeordneten Arbeitgeberwechsel zum Beklagten war die Klägerin unterrichtet.

Der Beklagte ist Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes und wendet den TVöD/VKA an. Er bot der Klägerin den Abschluss eines Arbeitsvertrages an, wonach sie am 01.01.2012 eingestellt wird. Das Arbeitsverhältnis sollte sich nach dem TVöD/VKA bestimmen mit Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 (Bl. 35/36 d. A.). Die Klägerin unterschrieb nicht. Sie setzte ihre bisherige Tätigkeit ab 01.01.2012 beim Beklagten im "Team Eingliederung in Arbeit II" unverändert fort. Im zweiten Rechtszug haben die Parteien klargestellt, dass die Klägerin wie bisher Schwerbehinderte und Rehabilitanden betreut, die bisher übertragene Abwesenheitsvertretung des Teamleiters aber weggefallen ist.

Wegen "zukünftiger Eingruppierung gemäß TVöD" widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 08.02.2012 (Bl. 182 bis 184 d. A.) einer "Rückstufung" in die Entgeltgruppe 8 und vertrat die Auffassung, dass sich die Eingruppierung nach § 6 c Abs. 5 S.1 SGB II nur zwischen den Entgeltgruppen 9 und 12 bewegen könne.

Der Beklagte bewertete die Tätigkeit ab 01.01.2012 nach Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD. Die Differenz zum letzten Bruttoentgelt bei der BA (3.818,80 Eu...

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