Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Mitarbeiterin in einer Nachrichtenagentur unter Berücksichtigung einer Bestandsregelung für leitende Redakteure auch im Falle des Wegfalls ihrer Leitungs- und Führungsaufgabe. Unbegründeter Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin bei berechtigtem Widerspruch des Betriebsrats

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Enthält der Gehaltstarifvertrag einer Nachrichtenagentur eine Höherstufungsregelung für Redakteure, die nach der bis zum 31.12.2006 geltenden Berufsjahresstaffel noch im Jahr 2007 durch Veränderung einer höheren Berufsjahresstufe in eine höhere Gehaltsgruppe gelangt wären, und wird diese Regelung für die Gehaltsgruppe 3 b) zeitlich bis zum 31.12.2008 ausgedehnt, folgt aus dieser eng auszulegenden Ausnahmeregelung noch nicht, dass ihre Anwendung für eine nach dem 31.12.2007 oder nach dem 31.12.2008 erfolgende Herabgruppierung generell ausgeschlossen ist.

2. Sinn und Zweck einer tariflichen Bestandsregelung können entscheidend dafür sprechen, dass diese nach dem Willen der Tarifvertragsparteien unabhängig vom Zeitpunkt von deren Herabgruppierung für solche leitenden Redakteure Geltung beanspruchen sollte, die bis zu den Stichtagen 31.12.2007 oder 31.12.2008 für die Gehaltsgruppe 3 c) II b die erforderlichen Berufs- oder dpa-Dienstjahre vollendet hatten.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Erfurt (Entscheidung vom 07.03.2013; Aktenzeichen 1 BV 16/12)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 07.03.2013 - Az.: 1 BV 16/12 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG über die zutreffende tarifliche Eingruppierung der Mitarbeiterin S R.

Die Beteiligte zu1) ist eine Nachrichtenagentur mit rund 1.200 Mitarbeitern weltweit. In Deutschland unterhält sie rund 50 Büros, unter anderem auch das Außenbüro für den Landesdienst Thüringen in E.......... Der Beteiligte zu 2) ist der dort bestehende Betriebsrat.

Die Vergütung der Arbeitnehmer bestimmt sich nach einem tariflichen Entgeltsystem. Der Gehaltstarifvertrag vom 07.12.2006 enthielt bis zum 31.12.2006 sieben und ab dem 01.01.2007 fünf Gehaltsgruppen sowie eine Regelung für Bestandsfälle. Soweit vorliegend von Bedeutung enthielt der Tarifvertrag folgende Regelungen:

"3.a) Gehaltssätze für Redakteure/innen ab 01.02.2006

Gehaltsgruppe

Berufsjahre

Tarifgehalt

ab 01.01.2006 (plus 1 %)

I a)

Im 1. und 2. Berufsjahr

2.801,00

I b)

Im 3. und 4. Berufsjahr

3.249,00

II a)

Im 5. und 6. Berufsjahr

3.538,00

II b)

Im 7. bis 14. Berufsjahr

4.114,00

III a)

Im 15. bis 25. Berufsjahr

4.423,00

III b)

Nach vollendetem 25. Berufsjahr

4.604,00

IV)

Leitende Redakteure/innen und Redakteure/innen mit Führungsaufgaben, denen mehrere Redakteure/innen unterstellt sind

Freie Vereinbarung

3. b) Gehaltssätze nach der zum 01.01.2007 vereinbarten Berufsjahresstaffel

Gehaltsgruppe

Berufsjahre neu

Tarifgehalt

bis 31.07.2007

Tarifgehalt

ab 01.08.2007

I a)

1. bis 3.

2.801,00

2.843,00

I b)

4. bis 6.

3.249,00

3.298,00

II)

7. bis 14.

4.114,00

4.176,00

III)

ab 15.

4.423,00

4.489,00

IV)

AT

Freie Vereinbarung

3. c) Bestandsfälle

Gehaltsgruppe

Berufsjahre

Tarifgehalt

ab 01.08.2007 (plus 1,5 %)

I a)

Im 1. und 2. Berufsjahr

2.843,00

I b)

Im 3. und 4. Berufsjahr

3.298,00

II a)

Im 5. und 6. Berufjahr

3.591,00

II b)

Im 7. bis 14. Berufsjahr

4.176,00

III a)

Im 15. bis 25. Berufsjahr

4.489,00

III b)

Nach vollendetem 25. Berufsjahr

4.673,00

IV)

Leitende Redakteure/innen und Redakteure/innen mit Führungsaufgaben, denen mehrere Redakteure/innen unterstellt sind.

Freie Vereinbarung

Für Redakteure/innen, die in 2007 nach der bis zum 31.12.2006 geltenden Berufsjahresstaffel (s. 3 a) in eine höhere Altersgruppe springen würden, bleibt es bei diesem Sprung. Für Redakteure/innen, die bis zum 31.12.2008 in die Gruppe III b der bis zum 31.12.2006 geltenden Berufsjahresstaffel (s. 3 a) springen würden, bleibt es ebenfalls bei diesem Sprung. Künftige lineare Gehaltserhöhungen erfolgen ohne Verrechnung auf der Basis der so erreichten persönlichen Tarifgehälter.

6. dpa-Dienstjahre

Redakteure mit einer ununterbrochenen Zugehörigkeit zur dpa sind nach fünf Jahren in Gruppe II b.), nach zehn Jahren in Gruppe III a.) und - bis zum 31.12.2008 - nach 15 Jahren in Gruppe III b.) einzustufen.

7. Gehalt der Gruppe IV

Das Gehalt der Gruppe IV wird zwischen dpa und dem/der Redakteur/in frei vereinbart. Das Monatsgehalt soll das jeweilige Tarifgehalt zuzüglich der höchsten Zulage angemessen überschreiten."

Wegen des Inhalts des Tarifvertrags im Übrigen wird auf Bl. 30 - 36 d. A. verwiesen.

Die Mitarbeiterin S R ist seit dem 01.09.1981 als Redakteurin tätig und seit dem 01.10.1990 bei der Antragstellerin angestellt. Seit dem 01.05.2003 war sie als Dienstchefin in die Gehaltsgruppe IV eingruppiert.

Im Jahr 2011 führte die Arbeitgeberin eine Strukturreform der journalistischen Prozesse im Inland durch, in deren Folge u. a. die Hiera...

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